"… Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht in Erfahrung bringen, ob Art. 3 Abs. 1 der Ersten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass ein Fall, in dem der Mitfahrer eines auf einem Parkplatz geparkten Fahrzeugs beim Öffnen der Tür dieses Fahrzeugs an das daneben geparkte Fahrzeug stößt und es beschädigt, unter den Begriff “Benutzung eines Fahrzeugs' im Sinne dieser Vorschrift fällt."
Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff “Benutzung eines Fahrzeugs' i.S.v. Art. 3 Abs. 1 der Ersten Richtlinie nicht dem Ermessen der einzelnen Mitgliedstaaten überlassen werden darf, sondern einen autonomen Begriff des Unionsrechts darstellt, der nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs unter Berücksichtigung insb. des Kontextes dieser Vorschrift und der Ziele ausgelegt werden muss, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Urt. v. 4.9.2014 – C-162/13, Vnuk; sowie v. 28.11.2017 – C-514/16, Rodrigues de Andrade).
Die Unionsregelung im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung soll zum einen den freien Verkehr der Fahrzeuge mit gewöhnlichem Standort im Gebiet der Europäischen Union sowie der Fahrzeuginsassen gewährleisten und zum anderen den bei durch diese Fahrzeuge verursachten Unfällen Geschädigten unabhängig davon, wo in der Union sich der Unfall ereignet hat, eine vergleichbare Behandlung garantieren (vgl. in diesem Sinne Urt. v. 23.10.2012 – C-300/10, Marques Almeida, Rn. 26; v. 4.9.2014 – C-162/13, Vnuk, Rn. 50, und v. 28.11.2017 – C-514/16, Rodrigues de Andrade).
Außerdem ist der Entwicklung dieser Regelung zu entnehmen, dass das Ziel des Schutzes der Opfer von Unfällen, die durch diese Fahrzeuge verursacht werden, vom Unionsgesetzgeber ständig verfolgt und verstärkt wurde. (…)
Angesichts dieser Erwägungen hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 3 Abs. 1 der Ersten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass der darin enthaltene Begriff “Benutzung eines Fahrzeugs' nicht auf Situationen der Benutzung im Straßenverkehr, nämlich im Verkehr auf öffentlichen Straßen, beschränkt ist und dass dieser Begriff jede Benutzung eines Fahrzeugs umfasst, die dessen gewöhnlicher Funktion entspricht (…).
Da Kfz nach Art. 1 Nr. 1 der Ersten Richtlinie unabhängig von ihren Merkmalen gewöhnlich als Transportmittel dienen, fällt unter diesen Begriff jede Verwendung eines Fahrzeugs als Transportmittel (…).
Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das Öffnen der Tür eines Fahrzeugs eine Verwendung dieses Fahrzeugs darstellt, die dessen Funktion als Transportmittel entspricht, da das Öffnen u.a. das Ein- und Aussteigen von Personen oder das Beladen mit und Entladen von Gütern ermöglicht, die mit diesem Fahrzeug befördert werden sollen oder befördert wurden.
An dieser Schlussfolgerung ändert nichts, dass die im Ausgangsverfahren betroffenen Fahrzeuge zum Unfallzeitpunkt standen und sich auf einem Parkplatz befanden.
Zum einen schließt nämlich der Umstand, dass das an dem Unfall beteiligte Fahrzeug bei Eintritt des Unfalls stand, für sich allein nicht aus, dass die Benutzung dieses Fahrzeugs zu diesem Zeitpunkt unter seine Funktion als Transportmittel subsumiert werden kann und folglich vom Begriff “Benutzung eines Fahrzeugs' im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Ersten Richtlinie umfasst ist (…) Das Öffnen der Türen erfolgt im Allgemeinen nur, wenn die Fahrzeuge stehen.
Darüber hinaus ist auch unerheblich, ob der Motor des betroffenen Fahrzeugs bei Eintritt des Unfalls lief oder nicht (…).
Was zum anderen den Umstand betrifft, dass sich die im Ausgangsverfahren betroffenen Fahrzeuge auf einem Parkplatz befanden, ist festzustellen, dass die Tragweite des Begriffs “Benutzung eines Fahrzeugs' i.S.v. Art. 3 Abs. 1 der Ersten Richtlinie nicht von den Merkmalen des Geländes abhängig ist, auf dem dieses Fahrzeug benutzt wird (…).
Zu dem Umstand, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Unfall auf einer Handlung nicht des Fahrers, sondern eines Mitfahrers des ersten Fahrzeugs beruht, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass in Art. 3 Abs. 1 der Ersten Richtlinie allgemein ausgeführt wird, dass “die Haftpflicht bei Fahrzeugen mit gewöhnlichem Standort im Inland [des jeweiligen Mitgliedstaats]' durch eine Versicherung gedeckt sein muss.
Entgegen dem Standpunkt, den die polnische Regierung hinsichtlich der Beantwortung der zweiten Frage eingenommen hat, beschränken daher weder diese Bestimmung noch die anderen Bestimmungen der Richtlinien über die Pflichtversicherung die Deckung der Pflichtversicherung auf die zivilrechtliche Haftung einer bestimmten Gruppe von Personen wie dem Fahrer des Fahrzeugs.
Dagegen legen Art. 2 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie, in dem es “die Nutzung oder Führung von Fahrzeugen' heißt, und Art. 3 dieser Richtlinie, in dem vom “Fahre[r] oder jeder anderen Person, die bei einem Unfall haftbar gemacht werden kann und durch die [verpflichtende] Versicherung geschützt ist,' die Rede ist, den Schluss nahe, dass sich diese Versicherung auf die zivilrechtliche Haftung nicht nur für das Führen vo...