Für meinen Geschmack hätte die Entscheidung ein paar mehr (aktuelle) Zitate aus Rechtsprechung und Literatur vertragen, gerade was die Rechtsprechung des BGH zur Frage von Rechten Dritter beim Akteneinsichtsrecht oder die Frage der generellen Widerlegbarkeit des standardisierten Messverfahrens angeht, oder auch die jüngeren Entscheidungen der Obergerichte zum Akteneinsichtsrecht, die nicht dem OLG Bamberg folgen.
Aber dem Grunde nach wird hier auf engem Raum all das korrekt zusammengefasst, worüber seit einiger Zeit in heftiger Diskussion rund um Akteneinsicht und standardisiertes Messverfahren gestritten wird. Bemerkenswert ist zum einen, dass prozessual klar und richtig dargestellt wird, dass der Akteneinsichtsantrag zwischen Abgabe des Verfahrens an das Gericht und Beginn der Hauptverhandlung rein gar nichts mit dem späteren Urteil zu tun hat und eben kein Beweisantrag, nicht einmal ein Beweisermittlungsantrag ist, sodass § 305 S. 1 StPO eben nicht eingreifen kann.
Darüber hinaus ist besonders wertvoll an der Entscheidung, dass die Variante des "Nichtbeschlusses" das Gericht nicht vor einer Beschwerde schützt: auch die Bescheidung, dass man nichts tun werde, ist beschwerdefähig.
Zum zweiten ist erfreulich, dass die verschiedenen Nuancen des Akteneinsichtsrechts differenziert aufbereitet werden, sodass bspw. die hölzerne Behauptung "es gibt keine Lebensakte und wir müssen auch keine führen" elegant widerlegt wird. Gleiches gilt für die Frage, ob die Daten des gesamten Messtages zur Verfügung zu stellen sind: natürlich kann es technische Besonderheiten bei einem Messverfahren geben, die einen Rückschluss auf z.B. eine Fehlbedienung geben und somit die Richtigkeit der Ergebnisse des ganzen Messtages in Frage stellen. Dies ist dann vom Verteidiger gerätespezifisch darzustellen.
Interessant ist zudem die Rezeption der Entscheidung des Saarländischen VGH, da der Umstand, dass sich jemand – mangels erweiterter Akteneinsicht – überhaupt nicht zum Vorwurf äußern kann, durchaus auch einen Gehörsverstoß darstellen kann, wenngleich es wohl eher ein zum Gehörsverstoß verdichteter Verfahrensverstoß sein dürfte.
Schließlich erachte ich für bemerkenswert, dass hier ganz unbefangen mit dem – faktisch natürlich zutreffenden – Begriff der Darlegungslast umgegangen wird. Es wurde schon anderenorts darauf hingewiesen, dass selbst innerhalb des OLG Bamberg eine Uneinigkeit zum Umgang mit diesem Begriff gegeben ist (vgl. Cierniak/Niehaus DAR 2018, 541 ff.), sodass es beruhigend zu sehen ist, dass auch in der Beschwerdeinstanz am LG die Nutzung dieser Rechtsfigur im Bußgeldrecht keine Bedenken hervorruft.
RiAG Dr. Benjamin Krenberger
zfs 4/2019, S. 231 - 234