StPO § 147; OWiG § 69 Abs. 5
Leitsatz
1. Der Betr. hat einen Anspruch darauf, dass ihm "seine" Falldatei von der Bußgeldbehörde zur Verfügung gestellt wird.
2. Wird die Einsicht dergestalt eingeschränkt, dass dem Betr. eine Einsicht in diese Falldatei nur in den Räumen der Verwaltungsbehörde gewährt wird, ist dies rechtsfehlerhaft, da es für den Betr. einen unzumutbaren Aufwand bedeutet.
3. Das Gericht kann dementsprechend das Verfahren nach § 69 Abs. 5 OWiG an die Verwaltungsbehörde zurückgeben, um die Einsicht formal ordnungsgemäß zu gewähren.
AG Dillenburg, Beschl. v. 26.11.2018 – 3 OWi – 2 Js 57859/18.
Sachverhalt
Das AG hat die Sache wird gem. § 69 Abs. 5 OWiG an die Verwaltungsbehörde zur weiteren Sachverhaltsaufklärung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft zurückverwiesen, nachdem die Behörde den Betr. darauf verweisen wollte, Einsicht in die Falldatei seiner Messung nur in den Räumen der Verwaltungsbehörde nehmen zu können.
2 Aus den Gründen:
"… Der Sachverhalt ist nicht genügend aufgeklärt:"
Nach der Rspr. des OLG Frankfurt hat der Betr. einen Anspruch darauf, dass ihm “seine' Falldatei vom RP zur Verfügung gestellt wird. Hier hat die Verteidigung die Daten trotz ausdrücklicher Bitte nicht erhalten.
Der neue Standpunkt des RP, dass der Verteidiger grds. auf die Einsichtnahme bei der auswertenden Stelle verwiesen werden kann, überzeugt nicht.
In der maßgeblichen Entscheidung des OLG Frankfurt wird ausgeführt:
Zitat
“Sie [die Verwaltungsbehörde] ist zumindest verpflichtet, in den Räumen der Verwaltungsbehörde die Einsicht in die vom Messgerät erzeugte digitalisierte Falldatei des Betr. zu gewähren und dort das Auswerteprogramm, mit dem die Auswertung vorgenommen wird, zur Verfügung zu stellen',
(NStZ-RR 2016, 385, beck-online).
Damit soll aber wohl ausgedrückt werden, dass auch dem Betr., der kein Auswerteprogramm zur Verfügung hat, zumindest dies ermöglicht werden muss – nicht aber, dass dieses Vorgehen in jedem Fall ausreichend ist.
Dagegen spricht, dass die vorgesehene Vorgehensweise für Betr. und Verteidiger unpraktikabel ist und einen unzumutbaren Aufwand erfordert. Es sollte in Zeiten der Digitalisierung möglich sein, einen solch bescheidenen Datentransfer auf die eine oder andere Weise ohne körperliche Anwesenheit des Empfängers im Einklang mit datenschutzrechtlichen Anforderungen zu ermöglichen. Das RP hat immerhin jahrelang anders verfahren, ohne dass klar wird, warum dies auf einmal nicht mehr möglich sein soll. …“
Mitgeteilt von Alexander Gratz, Bous
zfs 4/2019, S. 234 - 235