I. Grundsätze
Nach allgemeinen Regeln hat der Kl. im Haftpflichtprozess grds. das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale und damit insb. auch des äußeren Tatbestands der Rechtsgutverletzung darzulegen und ggf. zu beweisen (§ 286 ZPO). Dazu gehören in dem hier relevanten Zusammenhang i.d.R. Ort, Zeit, Beteiligte und Hergang des Unfallgeschehens. Dem Geschädigten obliegt zumindest eine schlüssige Schilderung des Klagegrundes i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, die den zu beurteilenden Lebenssachverhalt und damit den Streitgegenstand bestimmt. Im Übrigen sind Breite und Tiefe des dem Geschädigten auf dieser Prüfungsebene abzuverlangenden Vortrags wie sonst auch abhängig sowohl von den eigenen Wahrnehmungsmöglichkeiten als auch von dem Vortrag der Gegenseite.
Die in dem Wort "Unfall" sprachlich zweifellos mitschwingende Unfreiwilligkeit des Geschehens gehört mit der Rechtsprechung des BGH nicht etwa als ungeschriebenes, aus § 7 Abs. 2 StVG herauszulesendes Tatbestandsmerkmal zu dem äußeren Tatbestand der Rechtsgutverletzung nach § 7 Abs. 1 StVG. Die Behauptung, der Geschädigte sei mit der Verletzung seines Rechtsguts einverstanden gewesen, ist vielmehr als Einwand der fehlenden Rechtswidrigkeit vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer darzutun und – ebenfalls nach § 286 ZPO – zu beweisen.
II. So-nicht-Unfall (in Bezug auf das äußere Unfallgeschehen)
Beim Verdacht eines manipulierten Unfallgeschehens wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung gelegentlich die Figur des sog. So-nicht-Unfalls bemüht, um das Klagebegehren abzuweisen. Hinter diesem eher schillernden Begriff verbirgt sich die Konstellation eines zwar (möglicherweise) stattgefundenen, aber nach Überzeugung des Gerichts (jedenfalls) "nicht so" wie vom Kl. geschildert abgelaufenen Verkehrsunfallgeschehens.
Auf der Ebene der Prüfung der äußeren Tatbestandsmerkmale ist die Figur des "So-nicht-Unfalls" freilich mit Vorsicht zu handhaben. Die Annahme eines "So-nicht-Unfalls" ist hier nur insoweit relevant, als die festgestellte Abweichung zwischen geschildertem und tatsächlichem Unfallgeschehen nach Zeit und Ort so groß ist, dass man nicht mehr von demselben Klagegrund ausgehen kann. So kann die Annahme eines "So-nicht-Unfalls" zwar etwa im Fall des fingierten Unfalls, bei dem (wenn überhaupt) das tatsächliche Schadensereignis schon länger zurückliegt, dazu führen, dass sich schon der äußere Tatbestand des streitgegenständlichen Geschehens nicht feststellen lässt (§ 286 ZPO). Ergibt sich hingegen bloß eine Divergenz zwischen dem vom Geschädigten geschilderten und dem später festgestellten Ablauf, also dem konkreten Unfallmechanismus, steht die – streitgegenständliche – Fahrzeugkollision aber im Übrigen fest, lässt dies den Haftungsgrund auf der ersten Prüfungsebene nicht entfallen. Denn die äußeren Tatbestandsmerkmale der streitgegenständlichen Rechtsgutverletzung sind dann ja gerade (wenn auch mit leicht anderem Hergang) festgestellt worden. Die Unrichtigkeiten im Geschädigtenvortrag können in diesem Fall allenfalls im Rahmen der Beweiswürdigung auf den weiteren Prüfungsebenen der Rechtswidrigkeit und des Schadensumfangs von Bedeutung sein.
Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass bei der Würdigung des Geschädigtenvortrags dessen ggf. beschränkte Möglichkeiten zur eigenen Wahrnehmung in Rechnung zu stellen sind. So wird es etwa dem Eigentümer eines auf der Straße geparkten Fahrzeugs i.d.R. unmöglich sein, die Entstehung eines über Nacht an seinem Fahrzeug entstandenen Streifschadens zu schildern; entsprechendes kann bei hoher Dynamik eines Unfallgeschehens aber durchaus auch bei Anwesenheit des Betroffenen gelten. Zur Ermittlung von Umständen, die ihr nicht bekannt sind, ist die Partei jedoch grds. nicht verpflichtet.