ZPO § 91 Abs. 1 S. 1 § 103 f. § 107; GKG § 63 § 66
Leitsatz
1. Eine Änderung eines rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschlusses von Amts wegen findet nicht statt, wie sich schon aus der Ausnahmevorschrift des § 107 ZPO ergibt, die einen Antrag voraussetzt. Nach Rechtskraft eines Kostenfestsetzungsbeschlusses und nach Versäumung der Frist nach § 107 Abs. 2 ZPO ist – soweit aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss noch nicht vollstreckt wurde – allein die Vollstreckungsgegenklage möglich, anderenfalls die Bereicherungsklage.
2. Mit einer Änderung des Kostenansatzes wird der auf der Grundlage des vorherigen Kostenansatzes ergangene Kostenfestsetzungsbeschluss nicht obsolet. Denn anders als in den Fällen, in denen der Titel wegfällt oder abgeändert wird, baut der Kostenfestsetzungsbeschluss nicht auf dem Kostenansatzverfahren auf (Aufgabe der Rechtsprechung des Senats im Beschl. v. 17.8.2000 – 18 W 262/00).
3. Der Rechtspfleger, der an die ergangenen Kostenrechnungen nicht gebunden ist, bleibt zur Prüfung verpflichtet, ob auf Seiten der erstattungsberechtigten Partei die Gerichtskosten angefallen und von der Gegenseite auszugleichen sind.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.12.2019 – 18 W 27/19
Sachverhalt
Das LG Frankfurt/Main setzte in dem bei ihm rechtshängigen Rechtsstreit nach Beendigung der ersten Instanz den Streitwert durch Beschl. v. 24.3.2017 auf 18 Mio. EUR fest. Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde der Kl. vom 28.4.2017 hat das LG Frankfurt/Main durch Beschl. v. 31.8.2018 den Streitwert auf 10 Mio. EUR herabgesetzt. In der Zwischenzeit lief das Berufungsverfahren, das durch Beschl. v. 17.5.2018 endete. Danach hatte die Bekl. 56 % und die Kl. 44 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Auf die Kostenausgleichungsanträge der Parteien vom 7. und 27.8.2018 setzte der Rechtspfleger des LG Frankfurt/Main durch Kostenfestsetzungsbeschl. v. 10.12.2018 Kosten gegen die Bekl. i.H.v. 15.127,73 EUR fest. Dabei hatte der Rechtspfleger auch die von der Kl. gezahlten Gerichtskosten auf der Grundlage der Gerichtskostenansätze vom 5.4.2017 berücksichtigt, die allerdings noch auf der Grundlage des Streitwertfestsetzungsbeschl. v. 24.3.2017 mit einem Streitwert von 18 Mio. Euro berechnet wurden und somit die geänderte Streitwertfestsetzung vom 31.8.2018 nicht berücksichtigt haben.
Der Kostenfestsetzungsbeschl. v. 10.12.2018 wurde der Bekl. zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten am 12.12.2018 zugestellt und von ihr nicht angegriffen.
Nach Herabsetzung des Streitwertes durch den bereits erwähnten Beschl. v. 31.8.2018 passte der Kostenbeamte die Gerichtskostenrechnungen an den neuen Streitwert i.H.v. 10 Mio. EUR an und erließ am 7.1.2019 entsprechend geänderte Kostenrechnungen. Hiergegen hat die Bekl. unter dem 18.3.2019 Erinnerung gem. § 66 Abs. 1 GKG eingelegt, über die nach Nichtabhilfe der Rechtspflegerin (richtig: Kostenbeamtin) das LG Frankfurt/Main noch nicht entschieden hat.
Parallel dazu änderte der Rechtspfleger des LG durch Beschl. v. 12.2.2019 seinen Kostenfestsetzungsbeschl. v. 10.12.2018 "aufgrund der geänderten Gerichtskostenrechnung vom 7.1.2019" von Amts wegen ab, was nunmehr zu einer Erstattungspflicht der Kl. i.H.v. 34.638,79 EUR führte. Gegen diesen Änderungsbeschluss hat die Kl. sofortige Beschwerde eingelegt, die beim OLG Frankfurt Erfolg hatte.
2 Aus den Gründen:
"… II."
1. Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, insb. ist die in § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO normierte Frist zu ihrer Einlegung gewahrt.
2. Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
a) Der Änderungsbeschluss des LG vom 12.2.2019 ist zu Unrecht ergangen, weil der Kostenfestsetzungsbeschl. v. 10.12.2018 in Rechtskraft erwachsen ist. Denn er ist der durch den Beschluss beschwerten Bekl. am 12.12.2018 gegen Empfangsbekenntnis ihres Prozessbevollmächtigten zugestellt und von ihr nicht angegriffen worden.
b) Eine Änderung eines rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschlusses von Amts wegen findet nicht statt, wie sich schon aus der Ausnahmevorschrift des § 107 ZPO ergibt, die einen Antrag voraussetzt. Nach Rechtskraft eines Kostenfestsetzungsbeschlusses und nach Versäumung der Frist nach § 107 Abs. 2 ZPO ist – soweit aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss noch nicht vollstreckt wurde – allein die Vollstreckungsgegenklage möglich, anderenfalls die Bereicherungsklage.
c) Seine frühere, im Beschl. v. 17.8.2000 – 18 W 262/00 – vertretene Auffassung gibt der Senat ausdrücklich auf. Mit einer Änderung des Kostenansatzes wird der auf der Grundlage des vorherigen Kostenansatzes ergangene Kostenfestsetzungsbeschluss nicht obsolet. Denn anders als in den Fällen, in denen der Titel wegfällt oder abgeändert wird, baut der Kostenfestsetzungsbeschluss nicht auf dem Kostenansatzverfahren auf. Der Rechtspfleger, der an die ergangenen Kostenrechnungen nicht gebunden ist, bleibt zur Prüfung verpflichtet, ob auf Seiten der erstattungsberechtigten Partei die Gerichtskosten angefallen und von der Gegenseite auszugleichen sind. Denn zu den gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ers...