"… I. Die Rechtsbeschwerde des Betr., mit der dieser eine Verletzung materiellen Rechts rügt und die Rechtsfehlerhaftigkeit des verhängten einmonatigen Fahrverbots geltend macht, ist im Wesentlichen offensichtlich unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betr. ergeben hat (§ 79 Abs. 3 OWiG, § 349 Abs. 2 StPO). Wegen der Regelung des § 32 Abs. 2 OWiG ist – anders als die Rechtsbeschwerde meint – keine Verjährung eingetreten."
Allerdings war wegen einer nach Erlass des angefochtenen Urteils eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung eine Woche des verhängten Fahrverbots für vollstreckt zu erklären. Grundsätzlich ist zwar eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes nur auf eine entsprechende Verfahrensrüge hin zu überprüfen. Für Verzögerungen nach Urteilserlass ist ein Eingreifen des Rechtsmittelgerichts von Amts wegen aber dann geboten, wenn der Betr. diese nicht frist- und formgerecht rügen kann, weil die Verzögerung erst nach Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist eingetreten ist (vgl. BGH, Beschl. v. 8.3.2006 – 2 StR 565/05; OLG Hamm, Beschl. v. 24.3.2011 – III-3 RBs 70/10). So verhält es sich vorliegend. Die Rechtsbeschwerdebegründungsfrist lief nach Zustellung des Berichtigungsbeschlusses am 9.4.2020 (vgl. BGH NJW 1959, 899) am 11.5.2020 ab. Die letzte aktenkundige Verfügung bis zur Antragsschrift der GenStA vom 27.1.2021 war die Übersendung der Akten vom AG an die StA am 4.5.2020, wo sie am 5.5.2020 eingegangen sind. Die Sache ist damit aus Gründen, die der Betr. nicht zu vertreten hat und die sich auch nicht mit Umfang oder Schwierigkeit der Sache rechtfertigen lassen, rund neun Monate, nicht gefördert worden. Mithin ist eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung festzustellen.
Nach der vom BGH (BGHSt 51, 124 ff.) in Strafsachen entwickelten Vollstreckungslösung wird bei einer festgestellten rechtstaatswidrigen Verfahrensverzögerung zur Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer ein bezifferter Teil der verhängten Strafe als vollstreckt ausgesprochen. Der Ausgleich für einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot wird dabei aus dem Vorgang der Strafzumessung herausgelöst, bleibt aber Teil des Rechtsfolgenausspruchs im weiteren Sinne. Die notwendige Kompensation für rechtsstaatswidrige Verzögerungen des zugrunde liegenden Verfahrens bildet einen eigenständigen, allein an den Maßstäben des Art. 6 Abs. 1 S. 1 MRK orientierten Prüfungsvorgang, der Unrecht, Schuld- und Strafhöhe unberührt lässt. Diese Grundsätze sind auf das Bußgeldverfahren übertragbar (OLG Hamm a.a.O.) In entsprechender Übertragung dieser Grundsätze auf das Bußgeldverfahren hat sich der Senat in Anwendung von § 79 Abs. 6 OWiG unter Abwägung oben aufgeführter Umstände veranlasst gesehen, das Fahrverbot zur Kompensation der eingetretenen Verfahrensverzögerung in der Weise zu reduzieren, dass eine Woche des angeordneten einmonatigen Fahrverbotes als vollstreckt gilt. Eine darüber hinausgehende Kompensation hielt der Senat im Hinblick auf die geringere Eingriffsintensität des Bußgeldverfahrens nicht für erforderlich.
Da seit der Tat im Mai 2019 noch nicht einmal 1 ¾ Jahre vergangen sind und zwischen Tat und tatrichterlichem Urteil (was grds. der maßgebliche Zeitabschnitt ist, wenn es um die Frage des Absehens von einem Fahrverbot geht, vgl. OLG Hamm a.a.O.; OLG Hamm, Beschl. v. 29.3.2019 – III-4 RBs 62/19) weniger als ein ¾ Jahr lag, hat das Fahrverbot als solches seine Denkzettel- und Besinnungsfunktion noch nicht verloren und es war nicht gänzlich von ihm abzusehen.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 und Abs. 4 StPO. Im Hinblick auf den geringen Erfolg seiner Rechtsbeschwerde war es nicht unbillig, den Betr. mit den Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu belasten.“
zfs 4/2021, S. 228 - 229