Wir befinden uns in der nächsten Pandemie-Welle, der Ruf nach Normalität wird lauter, dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich grundlegende Regeln in der Arbeitswelt verändert haben, flexibles Arbeiten soll zur Normalität werden. Über automatisierte Prozesse – begünstigt durch wachsende IT-Potentiale – soll die Effizienz des Arbeitens auch so erhöht werden.

Dieser Automatisierungsprozess macht auch vor dem Bereich der Rechtsdienstleistungen keinen Halt. Die Vor- und Nachteile der Digitalisierung waren auch bereits Kernthema beim 8. DAV-Verkehrsanwaltstag am 29./30.3.2019 in Weimar, bei welchem gerade auch von Versichererseite in Person des Vorstandes der DEVK, Rüdiger Burg, das dunkle Szenario einer völlig automatisierten Schadenregulierung unter Ausschluss von Sachverständigen, Rechtsanwälten und anderen Dienstleistern – selbst Schadensachbearbeitern – skizziert wurde. 2 Jahre nach der Veranstaltung rückt dieses Szenario bedrohlich näher!

Legal Tech 3.0-Anwendungen sollen den Menschen nicht nur unterstützen, sondern in einzelnen Arbeitsschritten an seiner Stelle vollständig ersetzen. Die Unkenrufe, das Berufsbild der Anwaltschaft wird sich grundlegend verändern, sind an sich keine Fiktion mehr. 3.0-Technologien fokussieren ihre Entwicklungsarbeit bereits darauf, teilweise durch Einschaltung künstlicher Intelligenz, Bedürfnisse der Mandanten automatisiert zu errechnen und hieraus eine finale Lösungen für rechtliche Dokumente wie Verträge ("Smart Contract") oder eben vielleicht bald Schadenregulierung anzubieten. Diesen grundlegenden Veränderungen des Anwaltsberufes mit dem einzigen Argument zu entgegen zu treten, dass grundsätzlich der Mensch hinter dem Anwalt nicht ausgetauscht werden könnte, wäre fahrlässig und spätestens auch nach der Entscheidung des BGH v. 27.11.2019 – VIII ZR 285/18 ("wenigermiete.de"-Entscheidung) gefährlich. Denn unter stets wachsendem Kostendruck wird einerseits sinkender Personalbedarf und andererseits die Erwartung des Mandanten an niedrige Kosten der Rechtsberatung bereits mittelfristig ein Problem werden, welchem die Anwaltschaft offen begegnen muss.

Der moderne Anwalt wird sich dieser Entwicklung zwingend anpassen müssen, es ist ratsam sich bereits jetzt mit diesem Thema – wie beim VAT 2019 auch angemahnt – auseinanderzusetzen.

Dabei nutzt die Anwaltschaft bereits viele Vorteile der automatisierten Datenverarbeitung durch Verwendung juristischer Datenbanken oder des beA nebst elektronischer Akte. Auch das Pilotprojekt "Fastlane" soll hier wegweisend sein.

Denn bspw. durch die automatisierte Analyse vieler gerichtlicher Entscheidungen ließe sich auch die Prognose solcher um ein vielfaches verbessern. Viele interessante Einzelaspekte könnten wegweisend sein, wie bspw.:

Über welche Aufhebungsquote verfügt der einzelne Richter-/in im Urteilsfalle?
Über welche Fälle haben einzelne Richter-/innen geurteilt?
Welche Formulierungen/Argumente/Auslegungsmethoden sind bei Richter-/innen noch besonders häufig vorzufinden?
Informationen über die Wahrscheinlichkeit der (Beweis-)Antragsablehnung/Ablehnung einzelner Richter-/innen,
über den Verfahrensausgang einzelner Richter-/innen,
über die Höhe einer etwaigen Erfolgsquote in einzelnen Rechtsgebieten zu bestimmten Gerichtsständen,
Erhalt möglicher Hintergrundinformationen über die Richter-/innen (z.B. Aufsätze o.ä.).

Fazit: Legal Tech wird das Rechtsanwaltsberufsbild grundlegend verändern – Rechtsrat wird zukünftig effektiver, transparenter und (leider auch) kostengünstiger bereitgestellt werden. Es ist der Zeitpunkt gekommen, sich mit dieser Entwicklung auseinanderzusetzen und sie als Chance für den Anwaltsberuf zu begreifen, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein.

Autor: Claudio La Malfa

RA Claudio La Malfa, FA für Verkehrs- und Versicherungsrecht, Emmendingen

zfs 4/2021, S. 181

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