Die Nachteile, die dem Geschädigten daraus erwachsen, dass er unfallbedingt nicht in der Lage ist, seinen Haushalt zu führen, vermögen nach der Rechtsprechung des BGH auf der Grundlage der §§ 842, 843 BGB, 11 StVG einen Geldzahlungsanspruch zu begründen. Dessen Höhe hat sich an den Aufwendungen zu orientieren, die er für eine Ersatzkraft aufwenden muss, die im Haushalt eben die Tätigkeiten übernimmt, die er selbst (zeitweise) nicht mehr ausführen kann (BGH, Urt. v. 25.9.1962 – VI ZR 244/61, BGHZ 38, 55; König in Hentschel/König/Dauer, StVG § 11 Rn 15a m. zahlr. w. Nw.).
Der Anspruch kann konkret unter Vorlage der Rechnungen, die eine Ersatzkraft gestellt hat, oder fiktiv berechnet werden (BGH, GSZ Urt. v. 9.7.1968 – GSZ 2/67, BGHZ 50, 304; König in Hentschel/König/Dauer, StVG § 11 Rn 15a m. zahlr. w. Nw.). Im letztgenannten Fall kommt es zwar ebenfalls auf die Kosten einer Ersatzkraft an; allerdings muss sich der Geschädigte von deren ortsüblichen oder tariflichen Lohn das abziehen lassen, was von ihm selbst nicht zu verausgaben ist, also Einkommenssteuer und Sozialversicherungsabgaben.
Die Einschränkung führt dazu, dass die Schadensberechnungen der meisten Gerichte zu wesentlich geringeren Beträgen führen als die einschlägigen Tarifverträge, auf die im Falle der fiktiven Berechnung regelmäßig zurückgegriffen wird (BGH NJW 2001, 149; NJW 2009, 2060), zu versprechen scheinen. Tatsächlich hantieren die meisten Oberlandesgerichte noch heute mit Stundensätzen von 8 bis 10 EUR (vgl. etwa OLG Celle, Urt. 23.6.2021 – 14 U 198/19, juris Rn 54: 8,– EUR; OLG München, Urt. v. 16.2.2022 – 10 U 6245/20, juris Rn 38: 8,50 EUR; OLG Potsdam, Urt. v. 10.11.2022 – 12 U 45/17, juris Rn 56: bis 31.12.2021: 9,– EUR, ab 1.2.2022: 9,50 EUR; OLG Stuttgart, Urt. v. 28.6.2022 – 10 U 284/21: 10,– EUR), Beträgen also, die nominell den gesetzlichen Mindestlohn, der allerdings ein Bruttolohn ist, zum Teil deutlich unterschreiten (großzügiger neuerdings OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.4.2021 – I-1 U 38/20: 2014: 10,00 EUR, 2021: 12,00 EUR, knapper OLG Jena, Urt. v. 13.4.2022 – 2 U 1250/20, juris: 30 % unter Mindestlohn).
Mit dem vorliegenden Urteil schlägt das LG Tübingen einen anderen Weg zur Bemessung des Stundensatzes vor, der für den Geschädigten auf den ersten Blick vielversprechend erscheint. Statt an dem ortsüblichen Preisniveau oder den einschlägigen Tarifverträgen will die Kammer ihre Schadensschätzung an § 21 JVEG orientieren. Die Bestimmung legt fest, welche Entschädigung einem Zeugen zu gewähren ist, der eigentlich einen Haushalt für mehrere Personen zu führen hat, durch die Wahrnehmung seiner staatsbürgerlichen Pflicht aber eben daran gehindert wird. Die Kammer hatte sich schon 2013 entsprechend positioniert (LG Tübingen, Urt. v. 10.12.2013 – 5 O 88/13, juris Rn 41), ohne dass dies in der Rechtsprechung auf nennenswerte Resonanz gestoßen ist (ablehnend OLG Frankfurt Urt. v. 18.10.2018 – 22 U 97/16, juris Rn. 49). Das jetzige Urteil setzt sich mit der Kritik an der Entscheidung aus dem Jahre 2013 auseinander und ist daher geeignet, die Diskussion neu beleben.
Ob der erneute Versuch, die gesetzliche Bewertung der Hausarbeit im Kontext der Zeugenentschädigung auf das Schadensersatzrecht zu übertragen, größeren Erfolg haben kann, ist allerdings zu bezweifeln. Denn die Bewertung der Hausarbeit in § 21 JVEG folgt einem grundsätzlich anderen Interesse als sie der Bewertung im Rahmen der Schadensschätzung auf der Grundlage des § 287 ZPO zugrunde liegt. Geht es bei der Bemessung der Zeugenentschädigung darum festzulegen, was der Staat bereit ist, einem Menschen zu zahlen, den er zur Wahrnehmung seiner staatsbürgerlichen Pflichten "aus der Küche" holt, geht es im Rahmen der Schadensersatzrechtes darum festzustellen, was ein Schädiger dem konkret Geschädigten zum Ausgleich seiner Abwesenheit im häuslichen Arbeitsfeld unter Berücksichtigung der konkreten Marktlage schuldet.
Das LG hält diesen Einwand nicht für stichhaltig, übersieht dabei aber, dass der Staat sich bei der Bewertung der Hausarbeit nicht an der konkreten Marktlage orientieren muss, sondern sich aus übergeordneten Gründen auch großzügiger zeigen kann. Sein Interesse an einer funktionierenden Rechtspflege sollte ihm jedenfalls Veranlassung geben, die Entschädigungsbeträge nicht zu gering anzusetzen.
Im Rahmen der Schätzung des Haushaltsführungsschadens haben die Gerichte einen solchen Spielraum nicht. Hier geht es allein um die Konkretisierung eines tatsächlich entstandenen Vermögensschadens. Rechtlich setzt § 249 Abs. 2 S. 1 BGB der Schätzung nach § 287 ZPO Grenzen. Geschuldet ist nur der zur Herstellung des status quo ante erforderliche Geldbetrag, mithin der Betrag, der nötig ist, um die verhinderte Dienstleistung durch einen Dritten ausführen zu lassen – nicht mehr und nicht weniger. Und nichts anderes kann Gegenstand der Schätzung sein.
Lässt sich daher aus der Marktlage im Einzelfall nicht ableiten, dass die Hausarbeit eines Geschädigten 17,00 EUR/Stunde netto (auf diesen Stunden...