[…] II. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde hat (vorläufigen) Erfolg.
1. Jedenfalls unbegründet ist allerdings die auf das Übergehen des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Verfahren 2 BvR 1167/20 gestützte Rüge der Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 S. 1 MRK) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Dahingestellt bleiben kann deshalb, ob der Zulässigkeit der Rüge entgegensteht, dass in der Rechtsbeschwerdebegründung versäumt wird mitzuteilen, dass der bereits vorgerichtlich gestellte Antrag auch vor der Hauptverhandlung schon beschieden wurde.
Der Beanstandung liegt zugrunde, dass bei der verfahrensgegenständlichen Geschwindigkeitsmessung mit dem Lasergerät Riegl FG21-P über das Messergebnis hinaus keine sog. Rohmessdaten gespeichert werden. Das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde betreffend die Frage zum Gegenstand, ob und ggf. welche verfassungsrechtlichen Konsequenzen aus einer fehlenden Speicherung von Messdaten bei Geschwindigkeitsmessungen im Bußgeldverfahren folgen.
Die der Sache nach unterbliebener Aussetzung des Verfahrens erweist sich als rechtsfehlerfrei, weshalb sich das formelle Übergehen des Antrags auch nicht als entscheidungserheblich darstellt.
In entsprechender Anwendung von §§ 262 StPO (der gemäß § 46 Abs. 1 OWiG auch im Bußgeldverfahren Anwendung findet) kann zwar eine Aussetzung des Verfahrens erfolgen, wenn in einem anderen anhängigen Verfahren die abschließende Klärung einer für die Entscheidung des Falls bedeutsamen Rechtsfrage zu erwarten ist, eine Pflicht dazu besteht jedoch nicht. Auch wenn die Entscheidung darüber im Ermessen des Gerichts steht, ergibt sich auch nicht daraus, dass das Amtsgericht dieses Ermessen nicht in nachprüfbarer Weise ausgeübt hat, kein durchgreifender Rechtsfehler, weil eine Aussetzung des Verfahrens schon im Hinblick darauf nicht sachgerecht war, weil nicht abzusehen war (und ist), wann das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung treffen wird, und deshalb wegen der kurzen Verjährungsfrist bei einer Aussetzung naheliegend der Eintritt der Verfolgungsverjährung drohte (zum Ganzen OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.10.2022 – 2 RBs 155/22).
2. Soweit aus der fehlenden Speicherung von Rohmessdaten ein Beweisverwertungsverbot abgeleitet und deshalb der Sache nach ein Verstoß gegen §§ 46 Abs. 1 OWiG, 261 StPO geltend gemacht wird, weil die Verurteilung auf das so gewonnene Messergebnis gestützt wurde, hält der Senat in Übereinstimmung mit nahezu der gesamten obergerichtlichen Rechtsprechung (u.a. OLG Schleswig SchlHA 2020, 42; OLG Bremen NStZ 2021, 114; OLG Düsseldorf DAR 2020, 209; NStZ 2021, 112; OLG Dresden NJW 2021, 176; OLG Zweibrücken ZfS 2022, 110; BayObLG DAR 2020, 145) an seiner schon mehrfach geäußerten (ZfS 2021, 472; Beschl. v. 6.11.2019 – 2 Rb 35 Ss 808/19) Rechtsauffassung fest, dass das Fehlen von Rohmessdaten entgegen der Auffassung des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs (NJW 2019, 2456; dagegen auch VerfGH Rheinland-Pfalz NZV 2022, 427) weder zu einem Beweisverwertungsverbot führt noch einen Verstoß gegen den Anspruch auf ein faires Verfahren begründet.
3. Soweit die auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG gestützte Zurückweisung eines Beweisantrags als fehlerhaft gerügt wird, greift die zulässig ausgeführte Beanstandung dagegen teilweise durch.
a) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
Der Verteidiger hatte in der Hauptverhandlung beantragt, die Beifahrerin des Betroffenen als Zeugin zum Beweis der Tatsachen zu hören, "dass der Betroffene nicht schneller gefahren ist als max. 140 km/h (Tachoanzeige), es zum Zeitpunkt der Messung stark geregnet hat, die Verkehrsschilder vor der Messstelle aufgrund starken Regens nicht lesbar/erkennbar waren und der Messwert bei der Kontrolle nicht vorgezeigt wurde/werden konnte". Das Amtsgericht lehnte den Antrag ab, weil es die beantragte Beweiserhebung gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG nicht zur Erforschung der Wahrheit für erforderlich hielt. In den Urteilsgründen ist dazu im Anschluss an die Wiedergabe der Zeugenaussagen der beiden die Messung durchführenden Polizeibeamten ausgeführt: "Aufgrund der Aussagen [der beiden an der Messung beteiligten Polizeibeamten] war der Sachverhalt aus Sicht des Gerichts bereits ausreichend ermittelt. Deren Aussagen haben die Geschwindigkeitsüberschreitung in der vorgeworfenen Höhe bestätigt. Auf ausdrückliche Nachfrage hat der Zeuge X. bestätigt, dass es nicht geregnet habe. Auf den Umstand, ob das Messergebnis im Rahmen der sich an die Messung anschließenden Kontrolle vorgezeigt wurde, kommt es schließlich zum Beweis der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht an."
b) Das Gericht kann einen Beweisantrag nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG ablehnen, wenn es den Sachverhalt nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme für geklärt hält und die Beweiserhebung deshalb zur Erforschung der Wahrheit nicht...