II. Die Berufung hat nach einstimmiger Auffassung des Senats keine Aussicht auf Erfolg.
Gemäß § 513 ZPO kann eine Berufung nur auf eine Rechtsverletzung oder darauf gestützt werden, dass die gemäß § 529 ZPO zu berücksichtigenden Feststellungen ein anderes als das landgerichtliche Ergebnis rechtfertigen. Beides liegt für die Berufung der Klägerin nicht vor.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 S. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG. Das Landgericht hat die Parteien – wiederholt – persönlich angehört und ein Sachverständigengutachten zum Unfallhergang eingeholt. Es ist danach ohne Rechtsfehler und mit gut nachvollziehbaren Erwägungen, die mit den Denk-, Natur- und Erfahrungssätzen im Einklang stehen, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin gegen ihre Pflichten aus § 9 Abs. 1 S. 1 (rechtzeitiges Anzeigen der Abbiegeabsicht), S. 2 (rechtzeitiges Einordnen zur Fahrbahnmitte) und S. 4 (doppelte Rückschau) sowie aus § 2 Abs. 2 StVO (Rechtsfahrgebot) verstoßen hat.
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) berechtigt das Gericht, die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse grundsätzlich nach seiner individuellen Einschätzung zu bewerten, wobei der Richter lediglich an die Denk-, Natur- und Erfahrungsgesetze gebunden ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 34. Auflage 2022, § 286, Rn 13). Ein Verstoß gegen diese Grundsätze ist nicht erkennbar. Im Übrigen steht die Wiederholung der Beweisaufnahme gemäß §§ 529, 531 ZPO nicht im reinen Ermessen des Berufungsgerichts. Sie ist im Sinne eines gebundenen Ermessens vielmehr nur dann zulässig, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen begründen und eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall einer Beweiserhebung die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand mehr haben werden, sich also ihre Unrichtigkeit herausstellt (Zöller/Heßler, a.a.O., § 529, Rn 3). Solche konkreten Anhaltspunkte ergeben sich jedoch aus dem Vorbringen der Berufung letztlich nicht.
Das vom Landgericht eingeholte Sachverständigengutachten hat die Anknüpfungstatsachen, soweit vorhanden, korrekt berücksichtigt und ist widerspruchsfrei. Das Landgericht hat die Ergebnisse des Gutachtens zutreffend gewürdigt. Ein Fall des § 412 Abs. 1 ZPO liegt ersichtlich nicht vor. Insbesondere in Zusammenschau mit dem Ergebnis der Anhörung des Sachverständigen gemäß § 411 Abs. 3 S. 1 ZPO in der mündlichen Verhandlung vom 12.5.2023 ist das Gutachten keinesfalls ungenügend, sondern vielmehr vollständig und in jeder Hinsicht gut nachvollziehbar. Soweit hinsichtlich der zugrunde zu legenden tatsächlichen Umständen gewisse Unsicherheiten verbleiben, liegt dies in der Natur der Sache. Der Sachverständige hat mit der gebotenen Vorsicht und unter Berücksichtigung möglicher variierender Geschehensabläufe seine Aussagen und technischen Bewertungen getroffen.
Der Umstand, dass sich im Bereich der Unfallstelle linksseitig eine Einmündung befindet, begründet – ohne die weiteren Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 oder Abs. 3 Nr. 1 StVO – kein Überholverbot. Eine unklare Verkehrslage (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO) lag nicht vor. Ausweislich der Lichtbilder von der Unfallstelle war der Einmündungsbereich aus Fahrersicht schon von weitem aus gut einsehbar und ohne größeren pflanzlichen Bewuchs. Dass die Klägerin zurückgeblickt hat, begründet nicht ohne weiteres – also ohne entsprechendes Handzeichen und Einordnen zur Mitte hin – die Annahme, sie könnte unvermittelt abbiegen. Im Gegenteil, der unstreitig entstandene Blickkontakt lässt eher annehmen, die Klägerin würde eine etwaige Abbiegeabsicht erst recht anzeigen oder anderenfalls ihr Vorhaben bis zur Vorbeifahrt des Fahrzeugs zurückstellen.
Soweit die Klägerin unter Verweis auf die örtlichen Gegebenheiten einen Verstoß der Beklagten zu 1) gegen das Seitenabstandsgebot gemäß § 5 Abs. 4 S. 3 StVO behauptet, ist klarzustellen, dass zum Unfallzeitpunkt (30.7.2019) die Regelung in ihrer bis zum 27.4.2020 bestehenden Fassung galt, wonach konkrete Mindestabstände beim Überholen von Radfahrern – in der neuen Fassung des § 5 Abs. 4 S. 3 StVO sind es außerorts 2 m – nicht geregelt waren. Vorliegend ist deshalb maßgeblich auf die konkreten örtlichen Verhältnisse und die gefahrenen Geschwindigkeiten abzustellen. Unter der Maßgabe (entsprechend den Feststellungen des Landgerichts), dass die Fahrbahn 5 m breit war, das Fahrzeug der Beklagten zu 1) mit Außenspiegeln eine Breite von ca. 2,20 m aufwies, die Beklagte zu 1) ihre Geschwindigkeit bereits auf allenfalls 50 km/h reduziert hatte und die Klägerin sich nicht nach links zur Mitte hin eingeordnet hatte, kann hier ein Verstoß gegen die Pflicht zur Einhaltung eines "ausreichenden" Seitenabstandes nicht festgestellt werden.
Im Hinblick auf das von der Klägerin eingewandte Überholverbot aufgrund einer Kuppe im weiteren Verlauf der Straße (§ 5 Abs. 2 S. 1 StVO) fehlt es an der Unfallursächlichkeit. Ein nach links ...