AUB 94 § 11 Abs 4
Leitsatz
Steht auf Grund der Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils fest, dass im Zeitpunkt der seinerzeit letzten mündlichen Verhandlung weitere Invaliditätsansprüche nicht bestanden, so kann der Versicherungsnehmer im Verfahren der Neubemessung gem. § 11 Abschnitt IV AUB 94 nur eine in der Zwischenzeit (zwischen jenem Zeitpunkt und spätestens dem Zeitpunkt drei Jahre nach dem Unfall) eingetretene Verschlechterung geltend machen.
OLG Hamm, Urt. v. 24.10.2007 – 20 U 146/07
Sachverhalt
Der Kläger macht einen Restanspruch geltend aus einer bei der Beklagten genommenen Unfallversicherung. Er stürzte am 28.6.2003 von einer hohen Leiter. Die Beklagte zahlte entsprechend einer Invalidität von 49 % einen Betrag von 35.890 EUR sowie eine Übergangsleistung. Der Kläger begehrte in einem Vorprozess eine höhere Entschädigung. Auf die mündliche Verhandlung vom 10.10.2005 wurde diese Klage mit Urt. v. 14.11.2005 – rechtskräftig – abgewiesen; insbesondere wurde ein Anspruch auf monatliche Rentenzahlungen verneint, da der Invaliditätsgrad nicht höher sei als 49 %. Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger geltend gemacht, er habe nach § 11 Abschnitt IV AUB 94 einen Anspruch auf erneute Bemessung, die Rechtskraft des Urteils aus dem Jahre 2005 stehe dem nicht entgegen.
Aus den Gründen
“ … Die Berufung ist im Ergebnis unbegründet.
1. Allerdings ist – entgegen der Auffassung des LG – die Klage zulässig. Die Rechtskraft des Urteils des Vorprozesses steht nicht entgegen. Dieses Urteil hat nur die sog. Erstbemessung zum Gegenstand gehabt (vgl. Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 11 AUB 94 Rn 8), nicht eine Neubemessung gem. § 11 Abschnitt IV AUB 94 zum Stichtag drei Jahre nach dem Unfall. Ob ein Anspruch auf Neubemessung und danach ggf. auf weitere Leistungen besteht, ist im Urteil des Vorprozesses nicht entschieden. Dies ist daher eine – unter Berücksichtigung der Rechtskraft des Urteils des Vorprozesses zu beurteilende – Frage der Begründetheit der vorliegenden Klage.
2. Sowohl der Hauptantrag als auch der Hilfsantrag sind aber unbegründet. …
a) Dem Kläger stehen keine weitergehenden Leistungen zu. Durch das Urteil des Vorprozesses steht, wie vor dem Senat erörtert, zwischen den Parteien rechtskräftig fest, dass der Kläger nach seinem Gesundheitszustand am 10.10.2005 (Tag der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess) keine über das von der Beklagten Gezahlte hinausgehenden Ansprüche hat. Die Klage wäre daher nur begründet, wenn eine Verschlechterung zwischen dem 10.10.2005 und dem für eine Neubemessung maßgeblichen Stichtag 28.6.2006 (drei Jahre nach dem Unfall) eingetreten wäre. Dies hat der Kläger in erster Instanz nicht, jedenfalls nicht in beachtlicher Weise behauptet.
Zumindest nachdem die Beklagte ausdrücklich erklärt hatte, dass auch nach seinem Vortrag keine Verschlechterung eingetreten sei, hätte der Kläger eine Verschlechterung konkret beschreiben müssen. Daran fehlt es. Aus der – ohnehin nur pauschalen – Verweisung auf das Gutachten Dr. S ergibt sich jedenfalls nichts für eine Verschlechterung gerade zwischen Oktober 2005 und Juni 2006. Und erst recht genügt nicht der Hinweis auf ein Schreiben der Beklagten vom 27.12.2006, welches die Frage einer Verschlechterung dahingestellt ließ.
Der neue Vortrag des Klägers ist nach § 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlich. Dem steht nicht entgegen, dass das LG die Klage als unzulässig abgewiesen hat. Dass dies die Beurteilung des LG sein würde, war bis zum Termin am 23.5.2007 nicht erkennbar gewesen; wenn der Kläger eine Verschlechterung nach dem 10.10.2005 nicht vorgetragen hat, beruht dies also nicht etwa auf einem gerichtlichen Verfahrensmangel (vgl. hierzu BGH NJW-RR 2005,167; NJW-RR 2004, 927).
Im Übrigen sei der Kläger – ohne dass der Senat für seine Entscheidung hierauf abstellt – darauf hingewiesen, dass er für eine Verschlechterung zwischen Oktober 2005 und Juni 2006 auch bis heute nicht hinreichend vorgetragen und keinen tauglichen Beweis angetreten hat. Er bezieht sich zum einen auf den Zustand bei der Begutachtung Dr. T; dessen Untersuchung erfolgte aber bereits am 7.1.2005. Zum anderen bezieht er sich auf die Begutachtung Dr. S; dessen Untersuchung erfolgte erst am 5.10.2006.
b) Aber auch der – im Rahmen des Angriffs gegen das Prozessurteil des LG bleibende und damit auch nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zulässige (vgl Gummer/Heßler, in: Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 520 Rn 31) – Hilfsantrag ist unbegründet, wie sich bereits aus dem Vorstehenden ergibt:
Auch hier ist, zumal der Hilfsantrag bereits in erster Instanz gestellt worden war, § 531 ZPO zu beachten. Der Senat hat davon auszugehen, dass zwischen dem 10.10.2005 (Tag der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess) und dem 28.6.2006 (drei Jahre nach dem Unfall) keine Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers eingetreten ist. Dass bei dem somit weiterhin maßgeblichen Gesundheitszustand (wie am 10.10.2005) keine weiter gehenden Ansprüche des Klägers bestehen, steht rechtskräftig fest. Für eine Neubemessung fehlt dahe...