1. Nach VG Karlsruhe (zfs 2007, 714) ist die den früheren Streit über die Zulässigkeit einer medizinisch-psychologischen Doppelbegutachtung im Rahmen des § 15b Abs. 2 StVZO a.F. betreffende Rspr. hinsichtlich der in § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1–5 FeV geregelten Konstellationen überholt. Für diese sieht nach VG Karlsruhe der Verordnungsgeber ausdrücklich die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach § 11 Abs. 2 FeV vor. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei dabei dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass für die Durchführung dieser Untersuchung die in der Anlage 15 zur FeV genannten Grundsätze gelten.
Der Ansicht der vorstehend abgedruckten Entscheidung des VG Augsburg ist zuzustimmen. Der einer jeden rechtsstaatlichen Norm immanente Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht davon aus, dass dem Bürger nicht mehr abverlangt werden darf als das, was zum Schutz der öffentlichen Interessen gerade nötig ist. Das insofern in einem Rechtsstaat ungeschriebene Tatbestandsmerkmal einer Norm, die Verhältnismäßigkeit, begrenzt die behördliche Reaktionsmöglichkeit. Ist eine Doppelbegutachtung nicht angezeigt, und dies ist auf Grund der im Fall vorliegenden Gutachterlage zu konstatieren, so ist auch nur die Anordnung des notwendigen Teils rechtmäßig. Die Vorlage eines sowohl medizinischen als auch eines psychologischen Gutachten verstößt in einem solchen Fall gegen das Übermaßverbot und ist rechtswidrig: Ausgehend von der Tatsache, dass die Gutachtenanforderung für sich genommen bereits Eingriffscharakter besitzt (vgl. schon BVerfG zfs 1993, 285), muss der Untersuchungsumfang streng anlassbezogen sein (Anlage 15 Nr. 1 a zur FeV). Gegenstand der Begutachtung dürfen nur solche Eigenschaften, Fähigkeiten und Verhaltensweisen des Betroffenen sein, die im konkreten Fall für die Kraftfahreignung auch bedeutsam und relevant sind. Eine Durchleuchtung der gesamten Persönlichkeit ist jedenfalls nicht zulässig (vgl. Anlage 15 Nr. 1 b zur FeV; BVerfG zfs 1993, 285; vgl. insofern auch VG Karlsruhe a.a.O.).
2. Generell gilt, dass dann, wenn eine Doppelbegutachtung verlangt wird, gerade auch die für diese Doppelanordnung maßgeblichen Gründe offen gelegt werden müssen. Dabei muss nachvollziehbar erklärt werden, aus welchen Gründen sich der Fahrerlaubnisinhaber einer medizinischen und einer psychologischen Untersuchung zu unterziehen hat. Nach OVG des Saarlandes (zfs 2007, 475) bedarf es z.B. dann, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fahrerlaubnisinhaber den körperlichen und geistigen Anforderungen nicht mehr genügt, zur Klärung dieser Frage in aller Regel zunächst lediglich einer medizinischen Begutachtung. Eine medizinisch-psychologische Doppelbegutachtung ist nur veranlasst, wenn neben körperlichen und geistigen Eignungszweifeln zusätzlich Zweifel an der charakterlichen Eignung geltend gemacht werden. Auch dies ist dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geschuldet (vgl. OVG d. Saarl. zfs 2007, 475).
Klaus-Ludwig Haus