StVG § 3 Abs. 1; FeV §§ 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, Abs. 8; 13 Nr. 2a; 46 Abs. 1
Leitsatz
Die Forderung nach Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist dann rechtswidrig, wenn sich aus einem ausführlichen fachärztlichen Gutachten nur noch ein Aufklärungsbedarf hinsichtlich einer psychologischen Untersuchung ergibt und sich die Behörde bei der Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens auf diese Einschätzung des Facharztes stützt. In einem solchen Fall ist nur die Beibringung des psychologischen Teils einer medizinisch-psychologischen Untersuchung gerechtfertigt.
VG Augsburg, Beschl. v. 28.2.2008 – Au 3 S 08.114 – rechtskräftig
Sachverhalt
Der Antragsteller wurde am 18.4.2006 von der Polizei in einem Bezirkskrankenhaus vorläufig untergebracht, nachdem er randaliert habe und zunächst von Polizisten habe beruhigt werden können. Wenige Stunden später habe er seine Freundin und einen Dritten bedroht; darauf habe er die Wohnung der Freundin verlassen und angedroht, sich von einer Brücke zu stürzen. Kurz darauf sei er in Gewahrsam genommen worden. In einem von der Fahrerlaubnisbehörde geforderten Gutachten kam ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie am 19.7.2006 zu dem Ergebnis, dass davon ausgegangen werden müsse, dass komplexe, affektiv sehr stark geladene Situationen gesellschaftlich nicht unbedingt adäquate Handlungsweisen des Antragstellers hervorrufen könnten, die bisweilen auch den gesetzlichen Rahmen sprengen würden, ohne dass dies in regelmäßiger Folge gehäuft vorkomme oder ein Dauerzustand sei. Es dürfte sich nicht um eine dauerhafte Charakterschwäche handeln. Eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung erscheine derzeit nicht notwendig. Auf dieses Gutachten wurde von behördlichen Maßnahmen bezüglich der Fahreignung abgesehen.
Am 28.7.2007 hat der Antragsteller nach Feststellungen der Polizei einen Jugendlichen in einem Park im Abstand von wenigen Stunden zwei Mal grundlos am Hals gepackt und zugedrückt. Bei der Tatbestandsaufnahme wurde bei einem Atemalkoholvortest ein Wert von 1,97 mg/l festgestellt. In einem vom Landratsamt geforderten fachärztlichen psychiatrischen Gutachten vom 8.10.2007 kommt der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller in nicht unerheblichem Maß Alkohol konsumiere, da u.a. die CDT-Werte erhöht seien; es könne aber nicht festgestellt werden, in welcher Menge der Antragsteller Alkohol konsumiere. Der Antragsteller stelle den Alkoholkonsum als Ausnahmefall dar; auch ansonsten sehe er sich als Opfer einer Verwechslung oder polizeilicher Willkür. Beim Antragsteller zeigten sich Züge einer dissozialen Persönlichkeitsstörung mit deutlich erhöhtem Aggressionspotential, das möglicherweise noch durch den Genuss von Alkohol verstärkt werde und zu einer Enthemmung führe. Zusätzlich müsse dem Alkoholmissbrauch nachgegangen werden. Da die Aktenlage aber relativ dünn sei, insbesondere keine Unterlagen vorlägen, aus denen Verurteilungen bei Körperverletzungen hervorgingen, erscheine es sinnvoll und notwendig, zur endgültigen Beurteilung der Fahreignung ein psychologisches Zusatzgutachten einzuholen. Aus medizinischer Sicht erscheine der Antragsteller als Grenzfall, der nur unter besonderer Vorsicht die Weitererteilung der Fahrerlaubnis bekommen sollte. Aus psychiatrischer Sicht bestünden Zweifel, ob der Antragsteller auf Grund seiner Persönlichkeitsstruktur, der erhöhten Aggressionsbereitschaft und der impulshaften Aggressionsdurchbrüche sowie dem chronischen Alkoholkonsum in der Lage sei, auch weiterhin ein Fahrzeug der Klassen A, C1E und CE 79 zu führen. Um die endgültige psychische Leistungsfähigkeit beurteilen zu können, werde eine geeignete, objektivierbare psychische Testuntersuchung empfohlen. Es sollte eine verkehrspsychologische Begutachtung stattfinden, um in der Zusammenschau der dann vorliegenden Befunde festlegen zu können, ob die Fahrerlaubnis weiter erteilt bleiben könne oder nicht. In einer Ergänzung des Gutachtens vom 18.10.2007 teilte der Facharzt mit, dass der festgestellte Atemalkoholwert von 1,97 mg/l ungefähr einer Blutalkoholkonzentration von 3,9 Promille entspreche. Es sei beim Antragsteller von einem regelmäßigen häufigen und auch übermäßigen Alkoholkonsum auszugehen, der so schwerwiegend sei, dass erhebliche Zweifel daran bestünden, dass eine konsequente Trennung von Trinken und Fahren stattfinden könne. Auch aus diesem Grund sollte dringend eine psychologische Testung stattfinden.
Mit Schreiben vom 25.10.2007 forderte das Landratsamt darauf vom Antragsteller die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung/medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle über die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bis zum 20.12.2007, ansonsten dürfe auf die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werden. Nach dem Facharztgutachten läge eine dissoziale Persönlichkeitsstörung vor. Das Gutachten sei notwendig, um die Frage, ob die Fahreignung trotz der erhöhten Agg...