PflVG § 3 Nr. 8
Leitsatz
Wird im Verkehrsunfallprozess gegen den Haftpflichtversicherer und den Versicherungsnehmer die Berufungssumme nicht erreicht und lässt das AG die Berufung gegen sein aus sachlichen Gründen klageabweisendes Urteil gegen den Haftpflichtversicherer nicht zu, hat die Rechtskraftwirkung des § 3 Nr. 8 PflVG zur Folge, dass im Rahmen einer nur im Verhältnis zum beklagten Versicherungsnehmer zugelassenen Berufung eine erneute Überprüfung der Haftungsfrage ausgeschlossen ist. Auf die Frage, ob der Klage gegen den beklagten Versicherungsnehmer ein Schlichtungsverfahren i.S.d. §§ 10, 11 GüSchlG NRW hätte vorausgehen müssen, kommt es unter diesen Umständen nicht an.
BGH, Urt. v. 15.1.2008 – VI ZR 131/07
Sachverhalt
Der Kläger macht gegen den Beklagten restliche Schadensersatzansprüche in Höhe von 387,05 EUR aus einem Verkehrsunfall geltend, an dem der Beklagte als Führer und Halter eines bei der ursprünglich mitverklagten Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw beteiligt war. Der Kläger und der Beklagte wohnen im selben Ort in Nordrhein-Westfalen. Der ursprünglich mitverklagte Haftpflichtversicherer hat seinen Sitz in einem anderen Bundesland.
Das AG hat die Klage gegen den Beklagten als unzulässig abgewiesen, weil keine außergerichtliche Streitschlichtung gem. § 10 Abs. 1 GüSchlG NRW stattgefunden hatte. Die Klage gegen den mitverklagten Haftpflichtversicherer hat es nach Beweisaufnahme als unbegründet abgewiesen.
Das AG hat die Berufung lediglich insoweit zugelassen, als es die Klage gegen den beklagten Versicherungsnehmer als unzulässig abgewiesen hat. Das LG hat die entsprechende Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren gegen den Beklagten weiter.
Aus den Gründen
[3] “I. Das Berufungsgericht ist mit dem erstinstanzlichen Gericht der Auffassung, die Klage gegen den Beklagten sei unzulässig, weil keine außergerichtliche Streitschlichtung gem. § 10 Abs. 1 GüSchlG NRW stattgefunden habe. Dem stehe nicht entgegen, dass nur hinsichtlich des Beklagten, nicht aber hinsichtlich des gleichzeitig mitverklagten Haftpflichtversicherers, der seinen Sitz in einem anderen Bundesland habe, der räumliche Anwendungsbereich gem. § 11 GüSchlG NRW gegeben sei, denn die Vorschrift setze bereits nach ihrem Wortlaut nicht voraus, dass sämtliche am Rechtsstreit beteiligten Parteien im gleichen LGbezirk wohnten. Darüber hinaus müssten im Falle der hier vorliegenden einfachen Streitgenossenschaft die besonderen Prozessvoraussetzungen bei jedem Streitgenossen selbstständig vorliegen. Im Übrigen sei die Notwendigkeit, die obligatorische Streitschlichtung als Institut zu etablieren, höher zu bewerten als die im Einzelfall verursachten zusätzlichen Kosten und längere Verfahrensdauer. Eine Einigung allein mit dem in Anspruch genommenen Halter ohne Zustimmung des Haftpflichtversicherers sei auch nicht von vornherein faktisch aussichtslos. Es erscheine durchaus denkbar, dass gerade bei geringfügigen Blechschäden und unstreitiger Verursachung der Schädiger im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens zur gütlichen Einigung auch ohne Zustimmung des Versicherers bereit sei, weil er auf diese Weise durch eigene Regulierung eine Prämienrückstufung vermeiden könne.
[4] II. Das Urteil des Berufungsgerichts hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
[5] Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es allerdings auf die von ihm als rechtsgrundsätzlich erachtete Frage des räumlichen Anwendungsbereichs des § 11 GüSchlG NRW unter den besonderen Umständen des Streitfalls nicht an.
[6] 1. Nach § 3 Nr. 8 PflVG wirkt das rechtskräftige klageabweisende Urteil, das zwischen dem Kläger und dem Versicherer ergangen ist, auch zu Gunsten des beklagten Versicherungsnehmers. Dies gilt nach st. Rspr. des erkennenden Senats auch dann, wenn der Direktanspruch und der Haftpflichtanspruch nicht in getrennten, nacheinander geführten Prozessen geltend gemacht, sondern – wie im Streitfall – Versicherer und Schädiger als – einfache (vgl. BGHZ 63, 51, 53 ff.) – Streitgenossen gemeinsam im selben Rechtsstreit in Anspruch genommen worden sind (vgl. Senatsurt. v. 13.12.1977, VersR 1978, 862, 865; v. 29.5.1979, VersR 1979, 841 f.; v. 14.7.1981, VersR 1981, 1156 f.; ebenfalls v. 14.7.1981, VersR 1981, 1158 f.; v. 24.6.2003, VersR 2003, 1121, 1122 und v. 10.5.2005, VersR 2005, 1087).
[7] 2. Zweck der Regelung ist es, dem Geschädigten keine Ansprüche gegen den Versicherer über das materielle Haftpflichtrecht hinaus zuwachsen zu lassen. Ist in einem solchen Fall die Klageabweisung gegen einen Beklagten rechtskräftig, ist auch gegen den anderen nur noch eine Klageabweisung möglich (vgl. Senatsurt. v. 14.7.1981, VersR 1981, 1156 f.). Eine erneute Überprüfung der Haftungsfrage im Verfahren gegen den Versicherungsnehmer oder den Versicherer ist danach nicht mehr zulässig. Dies gilt insbesondere auch zu Lasten des Geschädigten und zu Gunsten des Versicherungsnehmers, wenn und soweit vorab die Klage gegen den Haftp...