BGB § 249
Leitsatz
Steht nach Beschädigung eines gewerblich genutzten Kraftfahrzeugs dem Geschädigten ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug zur Verfügung und werden ihm die Kosten für dessen Anmietung erstattet, so kann ihm eine Nutzungsentschädigung schon mangels eines fühlbaren wirtschaftlichen Nachteils nicht zugebilligt werden.
BGH, Urt. v. 4.12.2007 – VI ZR 241/06
Sachverhalt
Die Klägerin verlangt Nutzungsausfallentschädigung nach einem Unfall vom 6.4.2003, für den die Beklagten dem Grunde nach uneingeschränkt haften.
Bei dem Unfall wurde ein der Klägerin gehörender Firmenwagen beschädigt, der als Geschäftsführerfahrzeug benutzt und zum Unfallzeitpunkt vom Ehemann der Geschäftsführerin gefahren wurde. Das stark beschädigte Fahrzeug wurde in der Zeit vom 22.4.2003 bis 27.6.2003 in einem Autohaus repariert. Dieses hatte der Klägerin am 11.4.2003 ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt, welches die Klägerin bis zum 30.6.2003 genutzt hat. Hierfür wurden ihr 1.500 EUR brutto pauschal in Rechnung gestellt.
Die Klägerin hat u.a. eine Nutzungsausfallentschädigung für 82 Tage à 91 EUR abzüglich vorprozessual gezahlter 1.109,63 EUR geltend gemacht. Das LG hat ihr für den Zeitraum des Nutzungsausfalls eine Entschädigung für fünf Tage und die von ihr gezahlten Mietwagenkosten abzüglich des vorprozessual gezahlten Betrages zugesprochen. Das OLG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, mit der diese nur den erstinstanzlich geltend gemachten Nutzungsausfall in voller Höhe weiterverfolgt hat. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Aus den Gründen
[4] “I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin für den gewerblich genutzten Pkw schon dem Grunde nach kein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zu. Beim Ausfall eines gewerblich genutzten Fahrzeugs bemesse sich der Schaden allein nach dem entgangenen Gewinn, den Vorhaltekosten eines Reservefahrzeugs oder der Miete eines Ersatzfahrzeugs. Da die entgangene Nutzungsmöglichkeit unter den in § 252 BGB genannten Voraussetzungen als entgangener Gewinn ersatzfähig sei, bestehe für eine Fortbildung des Gesetzes – anders als bei eigenwirtschaftlich genutzten Fahrzeugen – methodisch kein Raum. Die der Klägerin tatsächlich entstandenen Kosten (Mietwagen zu einem “Freundschaftspreis’) habe das LG zuerkannt. Soweit das beschädigte Fahrzeug auch privat – durch den Ehemann der Geschäftsführerin der Klägerin – genutzt worden sei, fehle es an einem Schaden der Klägerin. Darauf, ob wegen der Nutzung eines Mietwagens, eine fühlbare Beeinträchtigung als Voraussetzung einer Nutzungsausfallentschädigung gefehlt habe, und ob die Zurverfügungstellung eines Mietfahrzeugs zu einem “Freundschaftspreis’ dem Schädiger zugute kommen könne, komme es somit nicht an.
[5] II. Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
[6] 1. Nach der Rspr. des erkennenden Senats kommt eine Entschädigung für zeitweise entzogene Gebrauchsvorteile auch bei gewerblich genutzten Fahrzeugen, Behördenfahrzeugen oder Fahrzeugen gemeinnütziger Einrichtungen in Betracht, falls sich deren Gebrauchsentbehrung nicht unmittelbar in einer Minderung des Gewerbeertrages (entweder in entgangenen Einnahmen oder über die mit der Ersatzbeschaffung verbundenen Unkosten) niederschlägt (vgl. Senatsurteile BGHZ 70, 199, 203 f.; v. 26.3.1985, VersR 1985, 736, 737). Wo das Fahrzeug unmittelbar zur Erbringung gewerblicher Leistungen dient, wie etwa bei einem Taxi oder Lkw, muss der Geschädigte den Ertragsentgang konkret berechnen (vgl. Senatsurteil BGHZ 70, 199, 203). Wenn aber kein konkret bezifferbarer Verdienstentgang vorliegt, ist es dem Geschädigten grundsätzlich nicht verwehrt, an Stelle des Verdienstentgangs eine Nutzungsentschädigung zu verlangen, wenn deren Voraussetzungen vorliegen, also insbesondere ein fühlbarer wirtschaftlicher Nachteil für den Geschädigten eingetreten ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 66, 239, 249; v. 26.3.1985, a.a.O.; vgl. auch BGHZ 40, 345, 353).
[7] 2. Mit dem Nutzungsausfall befasst sich auch eine später ergangene Entscheidung des Großen Zivilsenats des BGH. Dort heißt es, dass über die Fälle der Eigennutzung eines Kraftfahrzeugs hinaus jedenfalls bei Sachen, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung des Eigentümers derart angewiesen sei wie auf das von ihm selbst bewohnte Haus, der zeitweise Verlust der Möglichkeit zum eigenen Gebrauch infolge eines deliktischen Eingriffs in das Eigentum bereits ein ersatzfähiger Vermögensschaden sein könne, sofern der Eigentümer die Sache in der Zeit ihres Ausfalls entsprechend genutzt hätte (BGHZ [GSZ] 98, 212, 216 ff.). Bei erwerbswirtschaftlichem, produktivem Einsatz einer Sache werde die Verkürzung ihres Nutzungswerts im Wesentlichen durch einen Gewinnentgang ausgewiesen, dessen Ersatz § 252 S. 1 BGB ausdrücklich anordne. Diese Vorschrift unterstreiche die schadensrechtliche Bedeutung, die der Gesetzgeber Ausfällen im erwerbswirtschaftlichen, vermögensmehrenden Eins...