Aus den Gründen: „ … 1. Die Entscheidung des AG, den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid gem. § 74 II zu verwerfen, ist frei von Rechtsfehlern.
a) Die Verfahrensrüge erfüllt die Anforderungen des § 344 II 2 StPO i.V.m. § 79 III 1 OWiG. Das Vorbringen in der Rechtsbeschwerdebegründung enthält die Mitteilung, wann und mit welchem Inhalt der Schriftsatz der Verteidigung vom 30.10.2008 vor Verhandlungsbeginn beim AG eingegangen ist. Dies genügt zur Überprüfung, ob das Gericht eine ihm bekannte Tatsache rechtlich unzutreffend gewürdigt oder sich mit ihr in den Urteilsgründen nicht auseinandergesetzt hat bzw. eine Tatsache nicht zur Kenntnis genommen hat, obwohl es diese hätte zur Kenntnis nehmen können.
b) Die Verfahrensrüge bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Nach dem durch die Verfahrensakten bewiesenen Rechtsbeschwerdevorbringen liegt der Formrüge folgender Verfahrensgang zugrunde: Die Hauptverhandlung am 30.10.2008 war auf 15.00 Uhr anberaumt. Mit am selben Tag um 13.56 Uhr an die Wachtmeisterei des AG übermitteltem, aus zehn Seiten bestehenden Telefax führte der Verteidiger u.a. aus: "Der guten Ordnung halber erkläre ich, dass der Betr. zum Vorfallszeitpunkt der verantwortliche Fahrzeugführer gewesen ist, jedoch niemals eine Geschwindigkeit von 151 km/h gefahren ist. Er will zum Gerichtstermin nicht erscheinen." Oberhalb des Briefkopfes dieses Schreibens war der handschriftliche Zusatz: "Eilt! Bitte sofort vorlegen!" angebracht. Ein Hinweis auf den auf 15.00 Uhr anberaumten Hauptverhandlungstermin war nicht enthalten. Zur Hauptverhandlung erschienen weder der Betr. noch sein Verteidiger. Nach einer ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls von der Amtsrichterin geführten Rücksprache bei der Strafgeschäftsstelle lag dort keine Entschuldigung vor. Das AG verwarf daraufhin den Einspruch des Betr. gem. § 74 II OWiG. Das Telefax des Verteidigers gelangte einem vom 31.10.2008 datierenden Aktenvermerk der Geschäftsstellenbeamtin zufolge am 31.10.2008 gegen 07.00 Uhr zur Geschäftsstelle.
aa) Zwar hat das Gericht nach § 73 II OWiG den Betr. auf seinen Antrag von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden, wenn er sich zur Sache geäußert oder wenn er erklärt hat, er werde sich in der Hauptverhandlung nicht (weiter) zur Sache äußern, und seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts nicht erforderlich ist. Dabei ist die Entscheidung über den Entbindungsantrag nicht (mehr) in das Ermessen des Gerichts gestellt. Vielmehr ist das Gericht nunmehr verpflichtet, dem Entbindungsantrag zu entsprechen, sofern die Voraussetzungen des § 73 II OWiG vorliegen (OLG Karlsruhe zfs 2005, 154; KK-OWiG/Senge, 3. Aufl., § 73 Rn 23 m.w.N.).
bb) Vorliegend kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen für eine Entbindung von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen vorlagen, weil der – dem Beschwerdevorbringen zufolge – vor der Hauptverhandlung dem AG per Telefax übermittelte entsprechende Antrag des Betr. von der Tatrichterin zum Zeitpunkt der Verwerfungsentscheidung nicht berücksichtigt werden konnte und musste. Die Verteidigung beanstandet mit der Rechtsbeschwerde zu Unrecht, dass die Tatrichterin einen rechtzeitig eingegangenen Antrag auf Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen unbeachtet gelassen und rechtliches Gehör verletzt habe. Zwar kommt es bei einer Einspruchsverwerfung nach § 74 II OWiG für die Frage des Entschuldigtseins nicht darauf an, ob sich der Betr. entschuldigt hat, sondern ob er entschuldigt ist (stRspr., vgl. zuletzt u.a. OLG Bamberg DAR 2008, 305 m.w.N.; KK/Senge, OWiG 3. Aufl. § 74 Rn 35; Göhler, OWiG 14. Aufl. § 74 Rn 31) bzw. ob – wie hier – ein (begründeter) Antrag auf Entbindung von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen vorlag. Da erfahrungsgemäß nicht selten noch am Terminstag bei Gericht entsprechende schriftliche oder telefonische Mitteilungen des Betr. eingehen, gebietet es die Aufklärungs- bzw. Fürsorgepflicht, dass der Richter sich vor der Verkündung des Verwerfungsurteils bei der Geschäftsstelle informiert, ob dort eine entsprechende Nachricht vorliegt (BayObLG VRS 83, 56; OLG Köln NZV 2003, 439; OLG Düsseldorf VRS 96, 130; KK/Senge a.a.O.; Göhler, a.a.O. jeweils m.w.N.). Dieser Verpflichtung ist die Tatrichterin vorliegend nachgekommen. Die Sachaufklärungspflicht gebietet es dagegen nicht, bei der Einlaufstelle nachzuforschen, ob dort ein Entschuldigungsschreiben des Betr. eingegangen ist, was nicht nur unter den Verhältnissen eines Großstadtgerichts eine Überspannung der Aufklärungspflicht wäre (BayObLG VRS 83, 56; OLG Köln VRS 93, 357; Göhler, a.a.O.). Dies gilt umso mehr, als an Gerichtsstandorten mit mehreren Justizbehörden deren jeweilige Einlaufstellen selbst bei räumlicher Trennung in verschiedenen Gebäuden häufig – wie hier – jeweils als "gemeinsame Eingangsstellen der Justizbehörden" fungieren. Anhaltspunkte, wonach der Verteidiger aus nicht in seinem Verantwortungsbereich liegenden Gründen gezwungen gewes...