Das anwendbare Recht bestimmt sich nach dem Internationalen Privatrecht des Staates, dessen Gerichte angerufen werden. Dies hat selbstverständlich auch direkte Auswirkung auf die außergerichtliche Schadenregulierung. Dies gilt für Grüne Karte-Fälle wie für Fälle der 4. KH-Richtlinie gleichermaßen. Durch die 4. KH-Richtlinie hat sich nur das Verfahren der Geltendmachung und Regulierung geändert, nicht aber das anwendbare Verkehrs- und Schadenersatzrecht. In der 4. KH-Richtlinie wird ausdrücklich festgestellt, dass sich die Schadenregulierung auch dann, wenn sie über einen Schadenregulierungsbeauftragten erfolgt, nach dem Recht richtet, das nach den Regeln des Internationalen Privatrechts des Unfalllandes anwendbar ist.
Trotz des Ausdrucks "Internationales Privatrecht (nachfolgend: IPR)" gab es bisher kein einheitliches IPR; jedes Land hat sein eigenes IPR mit z.T. sehr unterschiedlichen Regelungen.
In der EU trat am 11.1.2009 die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht, die sog. Rom II-Verordnung, in Kraft. Sie ist in Deutschland unmittelbar anzuwenden und verdrängt daher innerhalb ihres Anwendungsbereichs die bislang geltenden Regelungen des EGBGB, die Regeln der Verordnung finden sich wegen des Normwiederholungsverbotes nicht im EGBGB wieder.
Da die Rom II-Verordnung nach Art. 31 auf schadenbegründende Ereignisse (bei Straßenverkehrsunfällen die Verwirklichung des gesetzlichen Haftungstatbestandes, in der Regel der Schadentag) anzuwenden ist, die nach ihrem Inkrafttreten eintreten, gilt für Verkehrsunfälle bis 11.1.2009 das bisherige IPR.
1. Die Regeln der Rom II-Verordnung
Wie schon im EGBGB gibt es auch in der Rom II-Verordnung eine stufenweise Regelung des relevanten Deliktsrechts. Die Regelungen der Rom II-Verordnung in diesem Bereich sind den bisher in Deutschland geltenden Regelungen des EGBGB sehr ähnlich.
a) Freie Rechtswahl
Erster Anknüpfungspunkt ist die freie Rechtswahl, Art. 14 Rom II-VO, die in Straßenverkehrsunfällen in der Regel nach Eintritt des Schadenereignisses erfolgt.
Diese wird in der Praxis in Zukunft voraussichtlich bei gerichtlichen Auseinandersetzungen im Wohnsitzland des Geschädigten gegen einen ausländischen Versicherer einen größeren Stellenwert einnehmen. Steht etwa die Einholung kostspieliger Gutachten über ausländisches Recht im Raum, kann es im Einzelfall sinnvoll sein, dass sich die Beteiligten auf die Anwendung des deutschen Rechts einigen (der Versicherungsnehmer darf jedoch keine Rechtswahl zu Lasten Dritter – etwa seiner Versicherung – treffen, Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO).
b) Der gemeinsame gewöhnliche Aufenthaltsort
Der nächste Anknüpfungspunkt ist wie im deutschen EGBGB gem. Art. 4 Abs. 2 Rom II-VO das Recht des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsortes. Haben Schädiger und Geschädigter ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben anderen Staat, ist dieses Recht anwendbar (dabei kommt es nicht auf die Staatsangehörigkeit der Unfallbeteiligten oder auf die Zulassung der beteiligten Fahrzeuge an).
c) Grundregel: Tatortrecht
Liegt keiner dieser Anknüpfungspunkte vor, kommt die Grundregel zum Tragen: Nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO kommt das Recht des Staates zur Anwendung, in dem der Schaden eintritt (d.h. das Recht des Erfolgsortes).
Dies ist bei grenzüberschreitenden Verkehrsunfällen das Recht des Staates, in dem der Unfall stattgefunden hat.
d) Offensichtlich engere Verbindung
Die beiden Grundanknüpfungen aus Art. 4 Abs. 1 und 2 Rom II-VO werden durch Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO korrigiert, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände eine offensichtlich engere Verbindung mit dem Recht eines anderen Staates ergibt.
Für den Regelfall des grenzüberschreitenden Verkehrsunfalls hat dies also zur Folge, dass das Recht des Unfalllandes zur Anwendung kommt.
Im hiesigen Beispiel wäre das bei einer Geltendmachung in Deutschland französisches Recht. Dies gilt für das anwendbare Straßenverkehrsrecht, das Haftungsrecht und für die Art und Höhe des Schadenersatzes.
e) Ausschluss der Rück- und Weiterverweisung
Nach Art. 24 Rom II-VO sind die Verweisungen auf das Recht eines bestimmten Staates Sachnormverweisungen...