VVG § 6 Abs. 3 a.F.; VHB 92 § 21
Leitsatz
1. Eine Stehlgutliste ist der Polizei nicht mehr unverzüglich überlassen worden, wenn sie mehr als zwei Wochen nach Rückkehr aus einem Urlaub erfolgt, während dessen Dauer sich ein Versicherungsfall ereignet hat.
2. Der Versicherer muss auf das Erfordernis der Überlassung einer Stehlgutliste nicht hinweisen, wenn der Versicherungsnehmer seine Obliegenheit erkennen kann.
OLG Celle, Urt. v. 29.1.2009 – 8 U 187/08
Sachverhalt
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von 65.828,98 EUR aus einer bei der Beklagten bestehenden Hausratversicherung in Anspruch. Der Kläger behauptet einen Einbruchdiebstahl am 7.8.2006. Zu dieser Zeit befand er sich mit seiner Familie im Urlaub. Herr B, der in dem vom Kläger und seiner Familie bewohnten Einfamilienhaus in H nach dem Rechten sah, entdeckte Einbruchspuren und benachrichtigte am 8.8.2008 die Polizei, die Herrn B das Merkblatt, welches Hinweise zur unverzüglichen Übersendung einer schriftlichen Schadensaufstellung an die Polizei enthält, überreichte. Der Kläger und seine Ehefrau unterbrachen ihren Urlaub. Sie führten am 9.8.2006 ein erstes Gespräch mit einem Polizeibeamten, wobei sie die Erstellung einer Stehlgutliste auf die Zeit nach dem Urlaub zurückstellten.
Der Kläger erhielt von der Beklagten mit Schreiben vom 10.8.2006 ein Formular zur Schadenanzeige übersandt, welches dieser am 10.9.2006 ausfüllte und zurücksandte.
Bereits am 20.8.2006 war der Kläger aus dem Urlaub zurückgekehrt. Eine Stehlgutliste übersandte der Kläger am 15.9.2006 per Fax an die Polizei.
Der Kläger hat vorgetragen, von den Versicherungsbedingungen der Beklagten keine Kenntnis zu haben. Die Bedeutung des unverzüglichen Einreichens einer Stehlgutliste sei ihm nicht bekannt. Das Merkblatt sei ihm von Herrn B nicht ausgehändigt worden. Dass ein Einbruchdiebstahl vorliege, ergebe sich schon aus den Aufbruchspuren. Der Wert der entwendeten Sachen betrage 61.930,03 EUR. Für die zur Beseitigung der Einbruchspuren anfallenden Kosten einschließlich derjenigen für die Neuanschaffung von Schlüsseln und Schlössern macht der Kläger 3.898,95 EUR geltend und legt dazu Angebote verschiedener Firmen vor.
Die Beklagte hat das äußere Bild eines Diebstahls in Abrede genommen und gemeint, dass sie selbst im Falle eines Einbruchdiebstahls wegen einer schuldhaften Obliegenheitsverletzung des Klägers von der Verpflichtung zur Leistung freigeworden sei. Der Kläger habe nämlich nicht unverzüglich eine vollständige Stehlgutliste bei der Polizei eingereicht.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: „… 3. Die Berufung des Klägers muss aber jedenfalls deswegen in vollem Umfang erfolglos bleiben, weil er gegenüber der Beklagten seine Obliegenheiten verletzt hat und diese deswegen leistungsfrei ist (§ 6 Abs. 3 VVG a.F.).
a) Abschluss und Bestand eines Vertrages über eine Hausratversicherung sind zwischen den Parteien nicht im Streit. Soweit es um Erhalt und Kenntnis der einschlägigen VHB 92 geht, kann die Beklagte, anders als in der Klagerwiderung vom 12.9.2007 geschehen, sich nicht darauf berufen, dass der Kläger Entschädigungsleistungen geltend mache und die Vorlage der VHB daher seine Sache sei, denn es geht insbesondere um die zuerst von der Beklagten darzulegende Obliegenheitspflichtverletzung des Klägers gem. § 21 VHB 92. Zwar hat die nach § 5a Abs. 2 S. 2 VVG a.F. für den Zugang der VHB bei dem Kläger beweisbelastete Beklagte die Übersendung an den Kläger weder konkret behauptet noch dafür Beweis angetreten. Allerdings ist jedenfalls mittlerweile der Vertrag unter Einbeziehung der VHB als vollwirksam anzusehen, und zwar gem. § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F.; der Vertrag besteht bereits seit längerem, nach Angaben des Klägers seit dem 25.7.1997. Dabei ist zwar einzuräumen, dass § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. keine Aussage darüber trifft, mit welchem Inhalt der Vertrag fortgilt. Die Antwort darauf aber ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Vorschrift. In § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. heißt es nämlich, dass “der Vertrag auf der Grundlage (u.a.) der Versicherungsbedingungen als abgeschlossen’ gilt, d.h. nicht als bloßer Rumpfvertrag ohne AVB.
b) Nach § 21 VHB 92 hat der Versicherungsnehmer bei Eintritt des Versicherungsfalles u.a. unverzüglich den Schaden dem Versicherer anzuzeigen und unverzüglich der zuständigen Polizeidienststelle ein Verzeichnis der abhanden gekommenen Sachen einzureichen (§ 21 Nr. 1a, c VHB 92). Verletzt der Versicherungsnehmer eine der in § 21 VHB 92 genannten Obliegenheiten, ist der Versicherer gem. § 6 Abs. 3 VVG a.F. von der Entschädigungspflicht frei. Sind abhanden gekommene Sachen der Polizeidienststelle nicht oder nicht unverzüglich angezeigt worden, so kann der Versicherer nur für diese Sachen von der Entschädigungspflicht frei sein (§ 21 Nr. 3 VHB 92).
Das LG hat angenommen, das Übersenden der Stehlgutliste an die Polizei am 15.9.2006 habe nicht mehr den zeitlichen Anforderungen entsprochen. Dies trifft zu. Seit dem vom Kläger behaupteten Einbruchdiebstahl waren zu dieser Zeit bereits mehr als fünf Wochen vergangen. Au...