BGB § 426 Abs. 1
Ein auf Ausgleich nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB in Anspruch genommener Gesamtschuldner kann dem nicht entgegenhalten, der ausgleichsberechtigte Gesamtschuldner hätte mit Erfolg die Einrede der Verjährung gegenüber dem Gläubiger erheben können.
BGH, Teil-Urt. v. 25.11.2009 – IV ZR 70/05
Der Kläger macht aus gepfändetem und ihm zur Einziehung überwiesenem Recht gegen die Beklagten Ausgleichsansprüche unter Gesamtschuldnern geltend.
Die Mutter bzw. Großmutter der Beklagten, M N (im Folgenden: Erblasserin), war vom 30.8.1993 bis zu ihrem Tod am 24.12.1993 in einem Heim des Klägers untergebracht. Hierfür sind noch Heimkosten in Höhe von 14.909,53 EUR offen. Wegen dieser Forderung erlangte der Kläger am 12.7.1995 gegen eine an diesem Verfahren nicht beteiligte Tochter der Erblasserin, A B, einen Vollstreckungsbescheid. Gegen die Beklagten und zwei weitere Angehörige der Erblasserin, A N und Mi N, erhob der Kläger Zahlungsklage. Diese wurde hinsichtlich der Beklagten abgewiesen, weil sie erfolgreich die Einrede der Verjährung erhoben hatten. Gegen A N und Mi N erging antragsgemäß ein Teilversäumnisurteil. Auf Grund der Vollstreckungstitel ließ der Kläger die den drei Vollstreckungsschuldnern nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB zustehenden Ausgleichsansprüche gegen die Beklagten pfänden und sich zur Einziehung überweisen.
Das AG hat die Beklagten als Teilschuldner verurteilt, an den Kläger jeweils 2.040,35 EUR zu zahlen, und die weiter gehende Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom LG zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Aus den Gründen:
[4] “Die Revision führt hinsichtlich der Beklagten zu 1), 2) und 4) zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht. Bezüglich der während des Revisionsrechtszuges verstorbenen Beklagten zu 3) bleibt das Verfahren unterbrochen.
[5] I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Erblasserin habe wirksam einen Heimvertrag mit dem Kläger abgeschlossen, sodass die Beklagten und die drei Vollstreckungsschuldner gesamtschuldnerisch als Miterben für die offenen Heimkosten hafteten. Die – umstrittene – Erbquote der Beteiligten hat das Berufungsgericht offen gelassen, weil nach seiner Ansicht Ansprüche auf Gesamtschuldnerausgleich ohnehin nach § 242 BGB ausgeschlossen sind. Das besondere Verhältnis der Gesamtschuldner untereinander sei durch den Grundsatz von Treu und Glauben geprägt. Gesamtschuldner verhielten sich widersprüchlich, wenn sie sich – wie die Vollstreckungsschuldner – einerseits gegen die gerichtliche Geltendmachung einer verjährten Forderung schuldhaft nicht mit der Einrede der Verjährung verteidigten, andererseits aber Ausgleich nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB von den Gesamtschuldnern, die sich erfolgreich gegenüber dem Gläubiger auf Verjährung berufen hätten, verlangten.
[6] II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[7] 1. Das Berufungsgericht hat nicht geklärt, ob und in welcher Höhe den Vollstreckungsschuldnern Ausgleichsansprüche gem. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB zustehen. Für das Revisionsverfahren ist deshalb davon auszugehen, dass der Kläger aus gepfändetem und ihm zur Einziehung überwiesenem Recht von den Beklagten Gesamtschuldnerausgleich verlangen kann. Dem können die Beklagten nicht entgegenhalten, die ausgleichsberechtigten Vollstreckungsschuldner hätten in dem Vorprozess mit Erfolg die Einrede der Verjährung erheben können.
[8] a) Der selbständige Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB entsteht schon mit Entstehung des Gesamtschuldverhältnisses und vor Befriedigung des Gläubigers, auch soweit er – wie hier – auf Zahlung gerichtet ist (BGH, Urt. v. 9.7.2009, WM 2009, 1854 Tz. 21 f.; v. 18.6.2009, WM 2009, 1852 Tz. 12 f.; v. 15.10.2007, NJW-RR 2008, 256, Tz. 14; v. 20.7.2006, NJW-RR 2006, 1718 Tz. 11; v. 15.5.1986, NJW 1986, 3131 unter I 1, jeweils m.w.N.). Er unterliegt der selbständigen Verjährung und wird auch nicht in anderer Weise davon berührt, dass der Anspruch des Gläubigers gegen den Ausgleichspflichtigen verjährt ist (BGHZ 58, 216, 218; 175, 221 Tz. 17 m.w.N.; BGH, Urt. v. 9.7.2009 a.a.O. Tz. 11 f. m.w.N.). Der Ausgleichspflichtige ist nicht wie hinsichtlich des nach § 426 Abs. 2 BGB übergegangenen Anspruchs berechtigt, dem ausgleichsberechtigten Gesamtschuldner alle Einreden entgegenzuhalten, die sich aus dessen Verhältnis zum Gläubiger ergeben. Indem das Gesetz in § 426 Abs. 1 BGB einen selbständigen Ausgleichsanspruch schafft, gewährt es dem ausgleichsberechtigten Gesamtschuldner eine Rechtsposition, die dieser allein durch die Überleitung des Gläubigeranspruchs nach § 426 Abs. 2 BGB nicht erhielte. Diese Begünstigung würde dem Ausgleichsberechtigten wieder genommen, wenn der Anspruch denselben Beschränkungen unterläge wie der übergeleitete Gläubigeranspruch (BGH, Urt. v. 9.7.2009 a.a.O. Tz. 13).
[9] b) Insbesondere kann die Verjährung des gegen den zum Ausgleich verpflichteten Gesamtschuldner gerich...