BGB § 312d
1) Dem Verbraucher steht, sofern nicht Treu und Glauben (§ 242 BGB) etwas anderes gebieten, ein Widerrufsrecht nach § 312d BGB auch dann zu, wenn der Fernabsatzvertrag nichtig ist.
2) Das Widerrufsrecht besteht auch bei einem wegen beiderseitiger Sittenwidrigkeit nichtigen Fernabsatzvertrag, der den Kauf eines Radarwarngeräts zum Gegenstand hat (Fortführung des Senatsurteils vom 23.2.2005 – VIII ZR 129/04 –, NJW 2005, 1490).
BGH, Urt. v. 25.11.2009 – VIII ZR 318/08
Nach einem am 1.5.2007 erfolgten Werbeanruf durch einen Mitarbeiter der Beklagten bestellte die Klägerin bei dieser am darauf folgenden Tag per Fax einen Pkw-Innenspiegel mit einer u.a. für Deutschland codierten Radarwarnfunktion zum Preis von 1.129,31 EUR zuzüglich Versandkosten. Der von der Klägerin ausgefüllte Bestellschein enthält u.a. den vorformulierten Hinweis:
"Ich wurde darüber belehrt, dass die Geräte verboten sind und die Gerichte den Kauf von Radarwarngeräten zudem als sittenwidrig betrachten."
Die Lieferung des Geräts erfolgte per Nachnahme am 9.5.2007. Die Klägerin sandte am 19.5.2007 das Gerät an die Beklagte zurück und bat um Erstattung des Kaufpreises. Die Beklagte verweigerte die Annahme des Gerätes und die Rückzahlung des Kaufpreises.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises zuzüglich 8,70 EUR Rücksendungskosten, insgesamt 1.138,01 EUR nebst Zinsen. Darüber hinaus hat sie beantragt, die Beklagte zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 155,30 EUR nebst Zinsen zu verurteilen und festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 19.5.2007 mit der Rücknahme des Gerätes in Annahmeverzug befindet.
Das AG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das LG das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert. Es hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.138,01 EUR nebst Zinsen zu zahlen, und hat dem Feststellungsantrag entsprochen; im Übrigen hat das LG die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Zurückweisung der Berufung der Klägerin weiter.
Aus den Gründen:
[5] “Die Revision hat keinen Erfolg.
[6] I. Das Berufungsgericht hat, soweit im Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt:
[7] Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises in Höhe von 1.129,01 EUR aus § 812 BGB und auf Zahlung weiterer 8,70 EUR gem. § 357 Abs. 2 S. 2 BGB.
[8] Zu Recht habe das AG angenommen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag gem. § 138 BGB nichtig sei. Verträge über den Kauf von Radarwarngeräten seien stets als sittenwidrig zu beurteilen, wenn – wie vorliegend – der Vertragszweck erkennbar auf eine Verwendung des Radarwarngerätes im Geltungsbereich der deutschen Straßenverkehrsordnung gerichtet sei. § 817 S. 2 BGB stehe einer Rückforderung des Kaufpreises entgegen der Auffassung des AG nicht entgegen. Zwar lägen die Voraussetzungen des § 817 S. 2 BGB dem Grunde nach vor, da der Klägerin die Radarwarnfunktion des Spiegels bekannt gewesen sei und die Beklagte in ihrem Bestellformular auf die Sittenwidrigkeit entsprechender Verträge hingewiesen habe. Der Beklagten sei es jedoch gem. § 242 BGB verwehrt, sich auf § 817 S. 2 BGB zu berufen. Die Berufung auf die Nichtigkeit eines Vertrages könne in besonders gelagerten Ausnahmefällen eine unzulässige Rechtsausübung darstellen. Der Verbraucherschutz rechtfertige einen solchen Ausnahmefall. Die Sittenwidrigkeit des Vertragszwecks könne gesetzliche Regelungen mit verbraucherschützender Intention nicht ausschließen. Der von den Parteien geschlossene Kaufvertrag unterfiele den verbraucherschützenden Regelungen zum Fernabsatzvertrag gem. § 312b ff. BGB, wenn er nicht wegen der Sittenwidrigkeit des Vertragszwecks nichtig wäre. Die Nichtanwendung der §§ 312b ff. BGB würde eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers bedeuten, wenn diesem im Rahmen der Geltendmachung seines gesetzlichen Widerrufs- und Rückgaberechts gem. §§ 312d BGB die Sittenwidrigkeit des zu Grunde liegenden Vertrages entgegengehalten werden könnte. Ein Verbraucher müsse auch dann, wenn er in der Situation des Fernabsatzes einen sittenwidrigen Vertrag schließe, die Möglichkeit haben, sich von dem Vertrag zu lösen. Diesen Schutz nicht zu gewähren, würde bedeuten, den redlichen Verkäufer schlechter zu stellen als den unredlichen, der auf Grund der Sittenwidrigkeit des Vertrages nicht zur Rücknahme der veräußerten Ware verpflichtet wäre. Dieser Wertungswiderspruch könne nur dadurch aufgelöst werden, dass der Verbraucher, welcher an einem sittenwidrigen Vertragsschluss beteiligt sei, sich über § 242 BGB auf verbraucherschützende gesetzliche Regelungen berufen könne.
[9] II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand, sodass die Revision zurückzuweisen ist. Die Klägerin hat Anspruch auf Rückerstattung des für das Radarwarngerät gezahlten Kaufpreises und auf Rücknahme des Gerätes durch die Be...