Der Entscheidung ist hinsichtlich des Anwendungsbereichs der Nr. 2303 Nr. 4 RVG zuzustimmen. Danach erhält der Rechtsanwalt im Verfahren vor sonstigen gesetzlich eingerichteten Einigungsstellen, Gütestellen oder Schiedsstellen eine 1,5 Geschäftsgebühr. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass nur die Tätigkeit des Anwalts vor gesetzlich eingerichteten Einigungs-, Güte- oder Schiedsstellen diese Geschäftsgebühr auslösen können, so

für die Gutachterkommission bei der Landeszahnärztekammer (OLG Karlsruhe JurBüro 1985, 236) oder
für die Schlichtungsstellen der Landesärztekammern (s. BGH RVGreport 2004, 472 (Hansens) = AGS 2004, 384 mit Anm. Madert = JurBüro 2005, 83 mit Anm. Enders sowie OLG Bremen AnwBl. 2003, 312 = AGS 2003, 373 mit Anm. Madert, alle Entscheidungen zur BRAGO).

Gleichwohl war die vom BGH praktisch bestätigte Entscheidung des BG teilweise falsch. Den von dem Kl. eingeschalteten Anwälten war hier nämlich für die außergerichtliche Vertretung vor der kirchlichen Vermittlungsstelle eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG mit einem Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 angefallen. Dies entspricht auch der Auffassung des VI. ZS des BGH (RVGreport 2004, 472 (Hansens)) für die Tätigkeit vor einer ärztlichen Schlichtungsstelle, die in jenem Fall eine Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO ausgelöst hatte.

Folglich hätte den Anwälten für ihre Tätigkeit jeweils eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG zuerkannt werden müssen. Auch diese Geschäftsgebühr gehört zur gesetzlichen Vergütung und wird damit von § 5 Abs. 1a) und b) ARB 1994 mit erfasst. Diese Geschäftsgebühr wäre allerdings nach Vorbem. 3 Abs. 2 VV RVG auf die im anschließenden gerichtlichen Verfahren angefallene Verfahrensgebühr zur Hälfte anzurechnen, so BGH a.a.O. für die Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO, a.A. Mümmler JurBüro 1989, 1225; Madert AGS 2001, 50, 51. Da das BG dies nicht erkannt hatte, hätte die Revision zumindest in Höhe von jeweils einer 0,25 Geschäftsgebühr (0,5 Mindestgebühr abzüglich hälftiger Anrechnung) Erfolg haben müssen bzw. zur Zurückverweisung an das BG führen müssen. Da der BGH hier mit keinem Wort auf den Anfall einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG eingegangen ist, steht zu befürchten, dass er hieran überhaupt nicht gedacht hat. Auch dem Revisionsanwalt des Kl. ist diese Idee wohl nicht gekommen, sonst hätte er die Revision nicht zurückgenommen.

Heinz Hansens

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