WHG i.d.F. v. 19.8.2002 § 22 Abs. 2; BinSchG §§ 4 Abs. 3 S. 2 § 5 Nr. 4; Hessisches Gesetz über den Brandschutz, die allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (HBKG) § 61 Abs. 3 S. 1, S. 2 Nr. 1; HessSOG §§ 6 Abs. 1 und 3, 7 Abs. 1, 2
Leitsatz
Feuerwehrgebühren, die im Zusammenhang mit der Abwehr eines Gewässerschadens entstanden sind, unterliegen nicht der binnenschifffahrtsrechtlichen Haftungsbeschränkung
HessVGH, Urt. v. 25.11.2010 – 8 A 3077/09
Sachverhalt
Die Kl., eine Eignerin eines in den Niederlanden zugelassenen Motortankschiffs, wendet sich gegen die Inanspruchnahme zur Erstattung der Kosten eines Feuerwehreinsatzes anlässlich eines Schiffsunfalls.
Die Städte G., G-G und R. hatten Kostenerstattung in Höhe von knapp 70.000 EUR verlangt, die für den Einsatz ihrer Freiwilligen Feuerwehren, des Technischen Hilfswerks und weiterer Hilfsorganisationen anlässlich eines Unfalls im G. Rheinhafen am 31. August und 1. September 2004 angefallen sind.
Zu dem Einsatz der Hilfsorganisationen war es gekommen, nachdem der Steuermann des im Hafen liegenden Schiffes während des Löschens der Ladung – rund 650 Tonnen als hochentzündlich und wassergefährdend eingestuftes, bei Einatmen und Hautberührung gesundheitsschädliches Xylol – im Steuerhaus versehentlich den Fahrhebel bewegt und dadurch die Schiffsmaschine auf "volle Fahrt voraus" eingekuppelt hatte. Dadurch hatte sich das Schiff vom Ufer wegbewegt und die landseitige Löscheinrichtung aus ihrer Verankerung gerissen. Am landseitigen Ende des Löschrohrs war ein kleines Leck entstanden, aus dem bis zum Eintreffen der Feuerwehr wenige Liter Xylol auf den Boden der Uferbefestigung getropft waren, was dann durch Aufstellen von Leckwannen unterbunden wurde. In das Hafenbecken war entgegen ersten Befürchtungen der Einsatzleitung kein Xylol gelangt. Der Einsatz der Rettungskräfte dauerte insgesamt zwölf Stunden. Während dieser Zeit wurden Messungen durchgeführt, die umgestürzte Löscheinrichtung durch eine vom Technischen Hilfswerk angefertigte Holzkonstruktion und einen Kran stabilisiert sowie das Löschrohr durch Zurückpumpen des Inhalts in das Tankschiff entleert. Die Arbeiten wurden großenteils von Feuerwehrleuten in den für solche Fälle vorgeschriebenen Chemieschutzanzügen unter Atemschutz verrichtet, was eine stetige Ablösung dieser Kräfte nach etwa zwanzig Minuten Einsatz erforderlich machte. Insgesamt waren in ständigem Wechsel insgesamt mehr als 200 Personen vor Ort.
Die Schiffseignerin sah den Einsatz der Rettungskräfte als in diesem Umfang nicht erforderlich an, weil keine konkrete Gefahr einer Gewässerverschmutzung oder eines Brandes bestanden habe. Außerdem berief sie sich darauf, dass ihre Haftung auch für die Kosten des Feuerwehreinsatzes nach dem Binnenschifffahrtsgesetz auf eine bestimmte Quote aus einem von ihr zur Schadensregulierung bereitgestellten Fonds beschränkt sei.
Mit Urt. v. 31.7.2008 – 3 E 969/07(4), 3 E 1329/07 (4) und 3 E 1895/05 (4) – hat das VG die Klagen abgewiesen.
Der HessVGH hat die Berufung gegen die o.a. Urt. des VG zurückgewiesen; der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen die o.a. Urteile wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
2 Aus den Gründen:
„ …
Der Bescheid der Stadt G.-G. vom 26.11.2004, mit dem die entstandenen Kosten auf 6.851,45 EUR festgesetzt wurden, beruht auf § 61 Abs. 3 S. 1, S. 2 Nr. 1 des Hessischen Gesetzes über den Brandschutz, die allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (HBKG) i.V.m. §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 2a der Gebührensatzung für den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr der Kreisstadt G.-G. und i.V.m. § 6 Abs. 1 und 3 HSOG. Die Kl. haftet als Handlungsstörerin für das Verhalten ihres Steuermanns, der das Schiff versehentlich in Fahrt gesetzt und dadurch die Löschanlage beschädigt hat, denn er ist als Verrichtungsgehilfe i.S.d. § 6 Abs. 3 HSOG für die Kl. tätig geworden. Im Übrigen konnte sie auch als Zustandsstörerin i.S.d. § 7 Abs. 1, 2 HSOG in Anspruch genommen werden; danach können Maßnahmen gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt oder den Eigentümer gerichtet werden, wenn von einer Sache eine Gefahr ausgeht. Daran ändert die in der mündlichen Verhandlung erörterte Tatsache, dass die Kl. nicht Eigentümerin der beschädigten Löscheinrichtung war, nichts. Es genügt, dass sie durch ihre Bediensteten im Zeitpunkt des Gefahreneintritts nicht nur über ihr Schiff, sondern auch über die angeschlossenen Löscheinrichtung der Hafenbetreiberin die tatsächliche Gewalt ausübte, indem sie mithilfe dieser Einrichtung – von ihrem Schiff aus gesteuert und überwacht – hochgiftige Substanzen an Land pumpen ließ. Der mit dem Schiffsmotor in Gang gesetzte Löschvorgang konnte, wie der tatsächliche Ablauf bestätigt, auch vom Schiff aus eingeleitet, beeinflusst und gestoppt werden. Der noch nicht abgeschlossene Pumpvorgang war auch Auslöser der Gefahr, nicht die beschädigte Löscheinrichtung, die für sich gesehen – also ohne das von der Kl. eingebrachte Xylol – keinen Feuerwehreinsatz erforderlich gemacht hätte.
Eine Gefahrensituation war durch die Be...