StVG § 24a Abs. 2
Leitsatz
Nach der gem. § 46 Abs. 1 OWiG sinngemäß anwendbaren Vorschrift des § 140 StPO kommt eine Beiordnung in Betracht, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint. Eine Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage ist deshalb zu erwägen, wenn die Auseinandersetzung mit einem Sachverständigengutachten mindestens zu erwarten ist, auch wenn das Gericht zunächst von der Einholung eines diesbezüglichen Sachverständigengutachtens abgesehen hat.
LG Magdeburg, Beschl. v. 13.12.2019 – 28 Qs 956 Js 73928/19 (39/19)
Sachverhalt
Die Zentrale Bußgeldstelle im Technischen Polizeiamt erließ gegen den Betr. wegen des Führens eines Kfz unter Einwirkung berauschender Mittel einen Bußgeldbescheid über 500 EUR. Gleichzeitig wurde gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Gegen diesen Bescheid legte der Betr. Einspruch ein. Bis zu diesem Zeitpunkt enthielt die Akte eine Übersicht über den Verfahrensablauf, eine Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes, einen Journaleintrag nebst Feststellung zum Sachverhalt, ein polizeiliches Protokoll nebst ärztlichem Untersuchungsbericht zur Blutentnahme, eine vorgefertigte Dokumentation zur Blutentnahme ohne Ausfüllung der vorgegebenen Feststellungen sowie einen Ergebnisbericht, aus dem sich ein positiver Nachweis von Cannabinoiden im Blut des Betr. ergab.
Auf den Einspruch des Betr. hin fand eine Hauptverhandlung vor dem AG statt. Der geladene polizeiliche Zeuge wurde nach Einlassung des Betr. über seinen Verteidiger unvernommen entlassen. Das Gericht setzte die Hauptverhandlung aufgrund der Einlassung des Betr., er habe lediglich THC Tropfen eingenommen, die frei verkäuflich seien und auch in kleinsten Mengen erhöhte THC-Werte im Blut hervorrufen könnten, ohne jedoch berauschende Wirkungen zu entfalten, zwecks Einholung eines Sachverständigengutachtens aus. Im Anschluss an diese Hauptverhandlung wandte sich der bereits unvernommen entlassene Zeuge außerhalb der Hauptverhandlung an den entscheidenden Richter, um ihm mitzuteilen, dass entgegen der soeben abgegebenen Einlassung des Betr., er gegenüber dem Polizeibeamten angegeben habe, gelegentlich ein "Tütchen" zu konsumieren. Dem Betr. und seinem Verteidiger wurde hierüber ein entsprechender richterlicher Vermerk und ein seitens des Zeugen zu den Akten gereichtes Gedächtnisprotokoll weitergeleitet. Diesbezüglich wurden seitens des Verteidigers für den Betr. weitere Anträge gestellt, u.a. die Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens bezüglich der Bekundungen des Zeugen sowie Anträge auf Vernehmung weiterer Zeugen.
Nachdem das Gericht von der Einholung eines Sachverständigengutachtens im Hinblick auf die Auswirkungen von freiverkäuflichem Hanföl auf die Blutwerte Abstand genommen hatte und auch eine vom Verteidiger beantragte Terminsverlegung abgelehnt hatte, wurde zunächst über das Ablehnungsgesuch gegen den entscheidenden Richter sowie die Ablehnung der Terminsverlegung entschieden. Die StA ist der Einholung eines Gutachtens zur Feststellung, ob frei verkäufliches Hanföl zu erhöhten THC-Werten im Blut ohne entsprechende berauschende Wirkung führen kann, nicht entgegengetreten.
Die gegen den Beschl., durch den die Beiordnung als Pflichtverteidiger abgelehnt wurde, eingelegte Beschwerde begründet der Betr. im Wesentlichen damit, dass der Umstand, dass das Gericht bislang von der ursprünglich vorgesehenen Einholung eines Gutachtens zu den Auswirkungen der Einnahme von Hanföl auf die Blutwerte im Hinblick auf die Zeugenvernehmungen abgesehen habe, es nicht rechtfertige, die Beiordnung eines Pflichtverteidigers abzulehnen, da das Verfahren in seiner Gesamtschau betrachtet werden müsse und keine künstliche Aufspaltung vorgenommen werden dürfe. Insofern sei zu berücksichtigen, dass hier die Einholung eines Gutachtens im Raum stehe, die eine Beiordnung eines Pflichtverteidigers erforderlich machen würde.
Das LG Magdeburg hat auf die Beschwerde des Betr. gegen den Beschl. des AG, durch den der Antrag des Betr. auf Beiordnung von Rechtsanwalt S als notwendiger Verteidiger zurückgewiesen worden ist, den Beschl. aufgehoben und dem Betr. Rechtsanwalt S als notwendigen Verteidiger beigeordnet.
2 Aus den Gründen:
"… II. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Nach der gem. § 46 Abs. 1 OWiG sinngemäß anwendbaren Vorschrift des § 140 StPO kommt eine Beiordnung vorliegend in Betracht, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint. Eine Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage ist vorliegend deshalb zu erwägen, weil die Auseinandersetzung mit einem Sachverständigengutachten zu mindestens zu erwarten ist, auch wenn das Gericht zunächst von der Einholung eines diesbezüglichen Sachverständigengutachtens abgesehen hat. Bereits der bisherige Verfahrensablauf zeigt, dass für das Bestreiten des Betr., er habe dem Polizeibeamten PK S gegenüber gesagt, gelegentlich “ein Tütchen zu rauchen', u.a. seine protokollierte Angabe im Rahmen der Blutentnahme spricht. Dort wurde ein vo...