VVG § 186
Leitsatz
1. Auch wenn an eine Invaliditätsbescheinigung in der privaten Unfallversicherung keine hohen Anforderungen zu stellen sind, genügt es nicht, wenn sie nur die Invalidität als solche bescheinigt, aber keine Feststellung enthält, ob das Unfallereignis hierfür (mit-)ursächlich gewesen ist.
2. Die Belehrung über die vertragliche Ausschlussfrist für die Vorlage dieser Bescheinigung kann auch auf dem Schadensantragsformular erfolgen, es ist nicht erforderlich, dass der Hinweis bei dem Versicherungsnehmer verbleibt.
3. Die Berufung auf eine verspätete Vorlage einer Invaliditätsbescheinigung ist nicht allein deswegen als treuwidrig anzusehen, weil der Versicherer nach Fristablauf in die Prüfung seiner Einstandspflicht eingetreten war.
OLG Dresden, Beschl. v. 5.1.2021 – 4 U 1586/20
1 Aus den Gründen:
"… Entgegen der Auffassung des Kl. genügt der Hinweis auf die Ausschlussfrist auf dem Schadensformular den Anforderungen des § 186 VVG. Es ist nicht erforderlich, dass der Hinweis auf dem Anschreiben, das beim VN verbleibt, aufgenommen wird. Für die Belehrungspflicht nach § 28 Abs. 4 VVG hat der BGH (zfs 2013, 153) die Belehrung in einem Schadenmeldungsfragebogen für ausreichend gehalten. Für § 186 VVG kann nichts anderes gelten, auch wenn der Fragebogen ausgefüllt an den VR gesandt wird und nicht beim VN verbleibt. Der Zweck der Hinweispflicht ist, den VN auf die laufenden Fristen für die Geltendmachung seines Anspruches und die Folgen der Fristversäumnis hinzuweisen. Dieser Zweck wird erfüllt, wenn die Information auf dem Schadensmeldebogen aufgebracht ist."
Einer besonderen Hervorhebung des Hinweises bedarf es nicht. Der Gesetzeswortlaut von § 186 VVG erfordert weder eine drucktechnische Hervorhebung noch eine “gesonderte' Mitteilung wie § 28 Abs. 4 VVG. Vielmehr soll nach dem Willen des Gesetzgebers die neu eingefügte Vorschrift dem VR bei Anzeige eines Versicherungsfalles eine Informationsobliegenheit treffen, den VN auf spezielle Anspruchs- und Fälligkeitsvoraussetzungen hinzuweisen (vgl. BT-Drucks 16/3945, S. 109). Unabhängig davon liegt eine ausreichende Hervorhebung vor. Der Hinweis ist im letzten Absatz des zweiseitigen Formulars unmittelbar vor der Unterschriftenzeile platziert, die Überschrift sowie die Belehrung über die Folgen der Fristversäumnis sind in Fettdruck gehalten, die maßgeblichen Fristen durch Unterstreichung hervorgehoben.
Ohne Erfolg beruft sich der Kl. darauf, dass sich die Bekl. nach ihren AVB nur im Falle einer groben Fahrlässigkeit des VN auf die Ausschlussfrist berufen könne und sie darauf auch nicht hingewiesen habe. Die Einhaltung der Frist für die ärztliche Invaliditätsfeststellung ist eine Anspruchsvoraussetzung (vgl. BGH zfs 2019, 461). Der Anspruch entsteht nicht, wenn die Invalidität nicht ärztlich binnen der Frist festgestellt wird, auf ein Verschulden kommt es nicht an. Die Frist dient dem berechtigten Interesse des VR an der baldigen Klärung seiner Einstandspflicht und führt selbst dann zum Ausschluss von Spätschäden, wenn den VN an der Nichteinhaltung der Frist kein Verschulden trifft (vgl. BGH NJW-RR 2007, 977).
Daran ändern auch die Regelungen in Ziff. 7.6 und Ziff. 8 der AVB der Bekl. nichts. Denn die AVB der Bekl. bestimmen in Ziff. 2.2.1 als “Voraussetzungen für die Leistung', dass die Invalidität innerhalb von 15 Monaten von einem Arzt schriftlich festgestellt werden muss. Ziff. 7 der AVB regelt andere Obliegenheiten. In Ziff. 7.6 wird die ärztliche Invaliditätsfeststellung nicht als Obliegenheit formuliert, sondern nur darauf hingewiesen, dass die Anspruchsmeldungen schriftlich an den Kundendienst in Dortmund zu richten sind. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, wann eine fristgemäße “Anspruchserhaltung' vorliegt. Soweit Ziff. 8 auf die “Obliegenheiten aus Ziff. 7' verweist, betrifft dies schon dem Wortlaut nach nicht die “Anspruchsvoraussetzungen' aus Ziff. 2.2.1. Aus dem Regelungszusammenhang wird ein durchschnittlicher, verständiger Versicherungsnehmer nicht entnehmen, dass die fristgerechte ärztliche Invaliditätsfeststellung nicht mehr eine Anspruchsvoraussetzung sein soll, sondern eine Obliegenheit, bei deren Verstoß es auf den Grad des Verschuldens ankommen soll.
Wie bereits im Beschl. v. 2.11.2020 ausgeführt, ist die Berufung der Bekl. auf den Fristablauf nicht treuwidrig. Die Mitteilung der Bekl. im Schreiben v. 4.5.2017, “schnell helfen zu wollen' begründet ebenso wenig wie der Umstand, dass die Bekl. ein Gutachten zur Überprüfung der Invalidität eingeholt hat, einen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass die Bekl. auf die Einhaltung der Frist auch dann verzichten will, wenn das Ergebnis für den VN negativ ist. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern der Kl. darauf vertraut haben will. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten ergibt sich auch nicht daraus, dass die Bekl. bei ihrer Leistungsablehnung v. 19.6.2017 von einer Wiederholung des in § 186 VVG genannten Hinweises abgesehen hat (vgl. BGH zfs 2019, 461). Die Frist war bereits abgelaufen.
Das unfallchirurgische Gutachten der F...