ZPO § 91 Abs. 1 § 103 ff; GKG § 1 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung von Handwerkern zwecks Vor- und Nachbereitung von Ortsterminen mit dem gerichtlichen Sachverständigen entstanden sind, sind außergerichtliche Kosten der Partei. Sie sind daher, sofern nichts anderes vereinbart wird, bei einer durch Prozessvergleich vereinbarten Kostenaufhebung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu erstatten.
BGH, Beschl. v. 24.2.2021 – VII ZB 55/18
Sachverhalt
Die Kl. hatte die Bekl. vor dem LG Bielefeld auf Zahlung restlichen Werklohns für Bauleistungen in Anspruch genommen. In diesem Rechtsstreit hatte die Bekl. widerklagend Mängelbeseitigungskosten geltend gemacht. Das LG hatte Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben. Der gerichtlich bestellte Sachverständige gab der beweisbelasteten Partei, der Bekl., auf, bestimmte Bauteilöffnungen vorzunehmen und die hierdurch verursachten Schäden wieder zu beseitigen. Dem kam die Bekl. nach und beauftragte für die entsprechende Vor- und Nachbereitung der Ortstermine Handwerker, für die sie insgesamt 2.393,37 EUR aufwendete.
Der Rechtsstreit vor dem LG Bielefeld endete durch Abschluss eines Vergleichs, in dem die Parteien unter anderem vereinbarten, dass die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs gegeneinander aufgehoben werden.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Bekl. u.a. die für die Handwerker aufgewandten Kosten für die Vor- und Nachbereitung der Ortstermine i.H.v. insgesamt 2.393,37 EUR zur Ausgleichung angemeldet. Der Rechtspfleger des LG Bielefeld hat in seinem Kostenfestsetzungsbeschluss diese Aufwendungen der Bekl. mit der Begründung nicht berücksichtigt, es handele sich um außergerichtliche Kosten, die nach der Kostenregelung im Vergleich gerade nicht auszugleichen seien.
Auf die sofortige Beschwerde der Bekl. hat das OLG Hamm ihrem Kostenausgleichungsantrag hinsichtlich der Handwerkerkosten teilweise stattgegeben und die weitergehende sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Die gegen diese Entscheidung des OLG Hamm eingelegte Rechtsbeschwerde der Kl. hatte insoweit Erfolg, als das OLG zum Nachteil der Kl. entschieden hatte.
2 Aus den Gründen:
"… II."
[4] Die gem. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
[5] 1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, bei den von der Bekl. angemeldeten Kosten zur Vor- und Nachbereitung der Ortstermine im Rahmen der gerichtlich angeordneten Begutachtung durch den Sachverständigen handele es sich um notwendige Kosten des Rechtsstreits, die aufgrund der vergleichsweise getroffenen Kostenregelung der Parteien von diesen jeweils zur Hälfte zu tragen seien.
[6] Zwar handele es sich bei diesen Kosten – formal gesehen – nicht um Gerichtskosten, sondern um Kosten, die von einer Partei für den Rechtsstreit verauslagt worden seien. Dennoch seien auch diese Kosten bei der hier vereinbarten Kostenaufhebung von den Parteien jeweils zur Hälfte zu tragen.
[7] Der formale Ansatz sei nicht überzeugend, da er kostentechnisch ohne triftigen Grund zu einer unterschiedlichen Behandlung von gleich zu bewertenden Sachverhalten führe. Es sei nicht gerechtfertigt, die Festsetzung der Kosten für die Vor- und Nachbereitung von Ortsterminen davon abhängig zu machen, ob der Sachverständige – ggf. auf Weisung des Gerichts nach § 404a ZPO – selbst oder mittels von ihm beauftragter Hilfskräfte Bauteilöffnungen und die Beseitigung hierdurch verursachter Schäden vornehme oder ob der Sachverständige dies – wie vorliegend – der beweisbelasteten Partei aufgebe. Ferner führe der formale Ansatz zu der Gefahr einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Fällen, in denen die Parteien – wie hier – die Kostenverteilung vergleichsweise und damit unter Wahrnehmung eines entsprechenden Gestaltungsspielraums regelten, und solchen Fällen, in denen das Gericht, dem diese Kosten in aller Regel nicht bekannt seien, über die Kostenverteilung entscheide.
[8] Daher seien notwendige Aufwendungen, die eine Prozesspartei zur Vor- oder Nachbereitung von Ortsterminen mit einem gerichtlichen Sachverständigen gehabt habe, bei einer vereinbarten Kostenaufhebung hälftig zu erstatten, wenn diese Leistungen anderenfalls von Hilfskräften des Sachverständigen hätten erbracht werden müssen. Denn bei Ausführung dieser Leistungen durch den Sachverständigen wären dessen Aufwendungen für die Hilfskräfte in Höhe des üblichen Werklohns gem. § 12 JVEG in Verbindung mit KV 9005 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG im Kostenfestsetzungsverfahren als Gerichtskosten zu berücksichtigen und von beiden Parteien hälftig zu tragen gewesen.
[9] 2. Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
[10] Nach der Kostenregelung im Vergleich haben die Parteien die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben.
[11] Die Bedeutung dieser Regelung für die hier im Streit stehenden Kosten, die die Bekl. zur Vor- und Nachbereitung der Ortstermine mit dem Sachverständigen aufgewendet hat, ist durch Auslegung zu ermitteln. Bei der Bestimmung d...