Zitat
… Die Ablehnung des Antrags der Kl. auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an den acht im Klageantrag benannten Standorten mit Bescheid vom 2.8.2019 ist rechtswidrig und verletzt die Kl. in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen ist § 18 Abs. 1 S. 2 StrWG NRW. Danach bedarf die Benutzung öffentlicher Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Straßenbaubehörde. Die Sondernutzungserlaubnis wird aufgrund einer Ermessensentscheidung erteilt (vgl. § 18 Abs. 2 StrWG NRW).
I. Die von der Kl. beabsichtigte Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an Standorten, die – dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig – im öffentlichen Straßenraum liegen, stellt eine Sondernutzung dar (vgl. hierzu OVG NRW, Urt. v. 8.12.2017 – 11 A 566/13 –, juris, Rn 38 ff., m.w.N.).
II. Die Ablehnung des Antrags der Kl. durch den Bescheid v. 2.8.2019 ist ermessensfehlerhaft.
1. In dem zwischen den Beteiligten ergangenen Urt. v. 13.5.2019 – 11 A 2057/17 –, juris, Rn 39 ff., hatte der Senat ausgeführt:
“Die Kommune darf ihr Ermessen zur Bewirkung einer gleichmäßigen Handhabung durch die Straßenbaubehörde auch generell ausüben, etwa durch den Erlass ermessenslenkender Verwaltungsvorschriften (Ermessensrichtlinien). Hierdurch bewirkt sie eine Selbstbindung, die im Grundsatz von der gesetzlichen Ermessensermächtigung zugelassen wird. Die durch eine Verwaltungsvorschrift bewirkte Ermessensbindung der Behörde geht aber nicht so weit, dass wesentlichen Besonderheiten des Einzelfalls nicht mehr Rechnung getragen werden könnte. In atypischen Fällen, in denen die generelle Ermessensausübung die individuellen Besonderheiten des konkreten Einzelfalls nicht (hinreichend) berücksichtigt, ist der Behörde ein Abweichen von den ermessenslenkenden Vorschriften möglich (vgl. BVerwG, Urteile v. 19.3.1996 – 1 C 34.93 –, BVerwGE 100, 335 (340 f.) = juris, Rn 22, und v. 18.9.1984 – 1 A 4.83 –, BVerwGE 70, 127 (142) = juris, Rn 41, sowie Beschlüsse v. 22.5.2008 – 5 B 36.08 –, juris, Rn 4, und v. 25.9.1998 – 5 B 24.98 –, juris, Rn 4; OVG NRW, Beschl. v. 28.10.2016 – 13 B 905/16 –, juris, Rn 37; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier/Gerhardt, VwGO, Kommentar, Loseblatt-Sammlung (Stand: September 2018), § 114 Rn 22; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 5. Auflage 2018, § 114 Rn 86 ff., 93 ff., m.w.N.).
Dabei bedarf die Entscheidung über die Ausübung generellen Ermessens in der Regel eines vorherigen Ratsbeschlusses. Gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 GO NRW ist der Rat der Gemeinde für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Abgesehen von den in § 41 Abs. 1 S. 2 GO NRW enumerativ aufgezählten Fällen kann der Rat die Entscheidung über bestimmte Angelegenheiten auf Ausschüsse oder den Bürgermeister übertragen (§ 41 Abs. 2 S. 1 GO NRW). Geschäfte der laufenden Verwaltung gelten im Namen des Rats als auf den Bürgermeister übertragen, soweit nicht der Rat sich, einer Bezirksvertretung oder einem Ausschuss für einen bestimmten Kreis von Geschäften oder für einen Einzelfall die Entscheidung vorbehält (§ 41 Abs. 3 GO NRW).
Bei den “Geschäften der laufenden Verwaltung' handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung unterliegt. Nach gefestigter Rechtsprechung fallen die nach Regelmäßigkeit und Häufigkeit üblichen Geschäfte darunter, deren Erledigung nach feststehenden Grundsätzen “auf eingefahrenen Gleisen' erfolgt und die für die Gemeinde unter Berücksichtigung ihrer Größe und Finanzkraft weder wirtschaftlich noch grundsätzlich von wesentlicher Bedeutung sind (vgl. hierzu etwa OVG NRW, Urteile v. 15.12.1969 – III A 1329/66 –, OVGE 25, 186 (193), und v. 4.4.2006 – 15 A 5081/05 –, NVwZ-RR 2007, 625; NdsOVG, Beschl. v. 31.1.2013 – 7 LA 160/11 –, juris, Rn 6; vgl. auch Sundermann, Die Geschäfte der laufenden Verwaltung in den Gemeinden, DVP 2009, 48; Frenzen, in: Dietlein/Heusch, BeckOK Kommunalrecht NRW, Stand: 1.12.2018, § 41 Rn 38 f., jeweils m.w.N.).
Ausgehend hiervon zählt zwar u.a. die Entscheidung über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen regelmäßig zu den Geschäften der laufenden Verwaltung (vgl. etwa Sundermann, DVP 2009, 48; Frenzen, in: Dietlein/Heusch, BeckOK Kommunalrecht NRW, Stand: 1.12.2018, § 41 Rn 38.1.).
Der Erlass allgemeiner Richtlinien oder Anweisungen, die die Ermessenspraxis einer Gemeinde bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen im öffentlichen Straßenraum bestimmen sollen, gehört jedoch regelmäßig nicht mehr zu den Geschäften der laufenden Verwaltung. Eine solche Entscheidung ist vielmehr wegen des grundlegenden Charakters, den eine generelle Ermessensausübung mit Blick auf künftige Entscheidungen über entsprechende Erlaubnisanträge entwickelt, dem Gemeinderat vorbehalten, wenn nicht die zu regelnde Angelegenheit für di...