VVG § 59 Abs. 3 S. 2 § 63
Leitsatz
Ein Serviceunternehmen, das – lediglich – einen Maklerpool betreibt, treffen gegenüber einem VN keine Beratungspflichten.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Nürnberg, Beschl. v. 10.8.2022 – 8 U 840/22
1 Sachverhalt
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Vermittlung eines Versicherungsvertrages. Die Kl. schloss mit Beginn zum 26.4.2012 bei der A, Versicherung AG eine gewerbliche Sachversicherung für das Anwesen … in A. ab. Gegenstand dieses Produktes ist auch eine Leitungswasserversicherung.
Der Abschluss des genannten Versicherungsvertrages kam unter Mitwirkung des Streithelfers der Kl. – des Zeugen R. – zustande. Dieser reichte eine auf den 20.4.2012 datierte Angebotsanforderung für die Kl. bei der A. AG ein. In diesem Anforderungsformular ist die Bekl. als Vermittlerin aufgeführt. Der Streithelfer wird zusätzlich handschriftlich als "V. … Finanzmakler" genannt. Die Kl. behauptet in diesem Zusammenhang, dass der Streithelfer die Bekl. vertreten habe, welche gegenüber der Kl. als selbstständige Versicherungsmaklerin aufgetreten sei.
Die Kl. macht ferner geltend, dass es in dem versicherten Gewerbeobjekt am 19.3.2020 zu einem Leitungswasserschaden gekommen sei, wodurch an dem Inventar ein Gesamtschaden in Höhe von 64.298,33 EUR entstanden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe der Wert des versicherten Inventars 471.132,44 EUR betragen. Aufgrund der dadurch eingetretenen Unterversicherung habe die A. Versicherung AG – insofern unstreitig – lediglich einen Betrag von 13.647,61 EUR erstattet.
Die Kl. nimmt die Bekl. unter dem Vorwurf der fehlerhaften Beratung auf Schadensersatz in Anspruch. Bei Vermittlung des Vertrages sei sie nicht über die Gefahr der Unterversicherung aufgeklärt worden.
2 Aus den Gründen:
Zu Recht und mit ebenso ausführlicher wie überzeugender Begründung hat das LG einen Anspruch der Kl. gegen die Bekl. aus § 63 Satz 1 VVG verneint. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen.
1. Der Beweis der tatbestandlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 63 Satz 1 VVG oblag nach allgemeinen Grundsätzen der Kl. als Anspruchstellerin. Lediglich das Verschulden wird gemäß § 63 Satz 2 VVG gesetzlich vermutet. Für sonstige Beweiserleichterungen ist im Streitfall kein Raum. Die Kl. hatte daher mit dem Beweismaß des § 286 Abs. 1 ZPO nachzuweisen, dass die Bekl. im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vertrages bei der A. Versicherung als Versicherungsvermittlerin i.S.v. § 59 VVG gehandelt hat. Denn nur der Versicherungsvermittler ist Adressat der in §§ 60 f. VVG geregelten Pflichten. Diesen Beweis hat die Vorinstanz fehlerfrei für nicht geführt angesehen …
b) Das LG hat den Geschäftsführer der Kl. gemäß §§ 137 Abs. 4, 141 ZPO informatorisch befragt und den Streithelfer als Zeugen vernommen …
Der Geschäftsführer der Kl. erklärte, dass der Streithelfer, den er von früher kannte, auf ihn zugekommen sei und gefragt habe, ob die Kl. "nicht einmal [ihr] Warenlager versichern möchte". Die Buchhaltung der Kl. habe einen Warenbestand von ca. 90.000 EUR ermittelt und man habe dann "einen Vertrag über 100.000 EUR gemacht". Das Gespräch mit dem Streithelfer habe ca. 10 Minuten gedauert. Der Geschäftsführer der Kl. sei damals davon ausgegangen, dass er in einem Schadensfall eine Summe von bis zu 100.000 EUR ausgezahlt bekomme. Über das Risiko einer Unterversicherung habe der Streithelfer nichts gesagt. Dieser habe erklärt, er suche die richtige Versicherung heraus und besorge das entsprechende Angebot. Für ihn – den Geschäftsführer der Kl. – sei der Streithelfer der Ansprechpartner gewesen. Um "das andere" habe er sich nicht gekümmert. Vor dem 20.4.2012 habe es kein Gespräch zwischen ihm und dem Streithelfer zu der hier gegenständlichen Versicherung gegeben. Zur Frage, ob der Streithelfer bei der "D … Finanz" tätig gewesen sei, konnte der Geschäftsführer der Kl. nichts sagen. Die Bekl. kenne er nicht als Maklerin, sondern als Versicherung.
Schon diesen Aussagen ist zu entnehmen, dass die Vermittlung des Versicherungsvertrages offenbar nicht im Namen der Bekl. erfolgt ist. Gegenüber der Kl. hat ausschließlich der Streithelfer gehandelt. Über die Bekl. ist in diesem Zusammenhang nicht gesprochen worden und dem Geschäftsführer der Kl. war die Bekl. auch nicht als Versicherungsmaklerin bekannt.
Ein anderes Beweisergebnis folgt im Streitfall entgegen der Ansicht der Berufung auch nicht aus der … vorgelegten Angebotsanforderung. Dieses Formular der A. Versicherung AG benennt die Kl. als Kundin. Zwar ist dort auf Seite 1 die hiesige Bekl. als "Vermittler" aufgeführt. Jedoch ist daneben handschriftlich "V. … Finanzmakler R. …" vermerkt. Auf Seite 8 des Formulars befindet sich unter "Vermittler" ausschließlich die Unterschrift des Streithelfers mit der Bezeichnung "D … Finanzmakler". Ein Vertretungszusatz fehlt. Soweit sich die Berufung auf den objektiven Erklärungsgehalt der … vorliegenden Urkunde fokussiert, blendet sie sonstige Umstände und den Inhalt der Beweisaufnahme aus. Entgegen der Int...