ZPO §§ 103 f.; RVG VV Nr. 3100
Leitsatz
Der kurz vor Zustellung der Klage verstorbene Beklagte kann aufgrund der im nachfolgenden Rechtsstreit zu seinen Gunsten ergangenen Kostenentscheidung im Kostenfestsetzungsverfahren diejenigen Kosten erstattet verlangen, die er für die Geltendmachung seiner Nichtexistenz aufgewandt hat. (Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Brandenburg, Beschl. v. 7.2.2023 – 6 W 74/22
1 Sachverhalt
Der Kläger hatte den Beklagten vor dem LG Cottbus auf Zahlung in Anspruch genommen. Kurz vor Zustellung der Klageschrift verstarb der Beklagte. In dem Rechtsstreit meldeten sich für ihn seine Prozessbevollmächtigten. In der Klageerwiderung machten die Anwälte allein die Nichtexistenz des Beklagten unter Beifügung der Sterbeurkunde geltend. Ferner beantragten sie die Abweisung der Klage als unzulässig. Daraufhin hat der Kläger seine Klage zurückgenommen. Das LG Cottbus hat dem Kläger gem. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Im Anschluss hieran haben die Prozessbevollmächtigten für den Beklagten die Festsetzung von Anwaltskosten, wohl einer 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, beantragt. Der Rechtspfleger des LG Cottbus hat diesen Kostenfestsetzungsantrag mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, eine Kostenerstattung könne nur zugunsten derjenigen (existenten) Partei beantragt werden, die für die nicht existente Partei gehandelt habe.
Die hiergegen von den Prozessbevollmächtigten der Beklagten eingelegte sofortige Beschwerde hatte vor dem OLG Brandenburg Erfolg.
2 Aus den Gründen:
Zitat
Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen gemäß §§ 569 ff. ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Beklagten führt zur Zurückverweisung der Sache an den zuständigen Rechtspfleger des Landgerichts.
1. Der für den vor Zustellung der Klage verstorbenen Beklagten – und nach Auferlegung der Kosten des Rechtsstreits gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO auf den Kläger – gestellte Kostenfestsetzungsantrag ist nicht unzulässig, sondern in der Sache zu bescheiden.
a) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass eine nicht existente Partei in einem gegen sie angestrengten Prozess insoweit als parteifähig zu behandeln ist, als sie ihre Nichtexistenz geltend macht. Eine im Rechtsstreit als parteifähig fingierte Partei gilt auch im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren als parteifähig, ist mithin auch in diesem Verfahren als existent zu behandeln. Die Existenz der Partei ist im Kostenfestsetzungsverfahren daher insoweit zu fingieren, als in einem Rechtsstreit, in dem der nicht existenten Partei selbst oder einem für sie handelnden Dritten ein Kostenerstattungsanspruch zuerkannt wurde (BGH, Beschl. v. 14.5.2004 – XII ZB 226/03, AGS 2014, 311 = RVGreport 2004,318 (Hansens)). So liegt der Fall hier. Der Beklagte ist vor Zugang der Klageschrift verstorben und nach dem in der Klageerwiderung erhobenen Einwand der Nichtexistenz des Beklagten sowie nachfolgend erklärter Klagerücknahme ist mit Beschl. v. 11.10.2022 eine Kostengrundentscheidung des LG zugunsten des Beklagten nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO ergangen.
aa) Entgegen der Auffassung des LG kommt es dabei nicht darauf an, ob die nichtexistente Partei eine juristische Person oder eine natürliche Person war. Geht man davon aus, dass die Kostenfestsetzung zugunsten der nichtexistenten Partei selbst erfolgen kann, spielt es nach der Rechtsprechung des BGH keine für das Kostenfestsetzungsverfahren relevante Rolle, wer für die nichtexistente Person als Dritter den Einwand der Nichtexistenz erhoben respektive die sich für die beklagte Partei bestellenden Rechtsanwälte beauftragt hat.
(1) Richtig ist, dass in der Vergangenheit nur nach einer in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstrittenen Ansicht die nicht existente Partei eine Kostenfestsetzung zu ihren Gunsten verlangen konnte (OLG Saarbrücken OLGR Saarbrücken 2002, 259; OLG Koblenz, Beschl. v. 15.5.2001 – 14 W 332/01, juris; KG Berliner AnwBl. 1995, 300), während nach anderer Ansicht vertreten wurde, für die nicht existente Partei könne nur Kostenerstattung zugunsten derjenigen (existenten) natürlichen oder juristischen Person beantragt werden, die für die nicht existente Partei gehandelt habe (OLG Bamberg OLGR Bamberg 2001, 223; OLG München NJW-RR 1999, 1264, 1265; OLG Hamburg MDR 1976, 846). In diesem Sinne hat auch das vom LG für seine Auffassung zitierte OLG Düsseldorf mit Beschl. v. 24.8.2016 entschieden (AGS 2012, 204).
(2) Dabei ist außer Acht geblieben, dass der BGH mit – vom OLG Düsseldorf wohl übersehenen – Beschl. v. 10.10.2007 (XII ZB 26/05, Rpfleger 2008,98 = NJW 2008, 528) bereits entschieden hat, ausdrücklich der Auffassung zu folgen, wonach die nicht mehr existente Partei als fingierte Partei zu ihren Gunsten die Festsetzung der im Streit über ihre Parteifähigkeit entstandenen Kosten verlangen kann.
Die klagende Partei habe dadurch, dass sie gegen eine nicht existente Partei Klage erhoben h...