Die Entscheidung entwickelt die in BGH zfs 2020, 164 (Urt. v. 29.10.2019 – VI ZR 45/19) formulierten Grundsätze zur Berücksichtigung von Großkundenrabatten bei der Schadensberechnung konsequent fort und setzt dem Versuch, diese Rechtsprechung auch zur Beschränkung von Ansprüchen auf Ausgleich der Kosten einer Ersatzbeschaffung zu nutzen, zu Recht Grenzen (dazu bereits Scholten, DAR 2020, 352 ff.).
Der BGH hatte in der o.g. Entscheidung erklärt, dass Großkundenrabatte, die einem Unternehmen bei der Reparatur seiner Flotten-Fahrzeuge gewährt werden, auch bei fiktiver Schadensberechnung zu berücksichtigen sind, denn auch bei fiktiver Schadensabrechnung gilt die subjektsbezogene Schadensbetrachtung. Die muss sich nicht immer nur zugunsten des Geschädigten auswirken. Vielmehr erstreckt sie sich auch auf erhöhte Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten sowie auf gerade für ihn bestehende Erleichterungen – wie eben nur ihm zugängliche Rabatte –, denen ebenfalls bei der Schadensermittlung Rechnung zu tragen ist (BGH a.a.O. Rn 12).
Für die Ersatzbeschaffung bedeutet dies, dass Neuwagenrabatte grundsätzlich zu berücksichtigen sind, wenn das geschädigte, aber privilegierte Unternehmen Anspruch auf Anschaffung eines Neuwagens hat. Klar ist auch, dass Gebrauchtwagenrabatte in die Schadensberechnung Eingang finden müssen, wenn sie von dem geschädigten Unternehmen auf dem ihm zugänglichen Gebrauchtwagenmarkt ohne Weiteres in Anspruch genommen werden können.
Hat der Geschädigte aber keinen Anspruch auf Neuwagenersatz und kann er im Falle einer Ersatzbeschaffung auch nicht einen vorab vereinbarten Rabatt für sich in Anspruch nehmen, so muss er sich die Tatsache, dass er doch bei der Anschaffung seines Fahrzeugs von einem Neuwagenrabatt profitiert hat, grundsätzlich nicht entgegen halten lassen; denn entscheidend ist in diesem Kontext allein die Frage, welchen Aufwand der Geschädigte betreiben muss, um sich eben jenen Gebrauchtwagen wieder zu beschaffen, der bei dem Unfall beschädigt wurde. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt aber kommt es auf den individuell ausgehandelten Neuwagenpreis nicht an. Hier wird der Preis von Angebot und Nachfrage diktiert. Gewährte Neuwagenrabatte sind hier allenfalls indirekt, nämlich insoweit von Relevanz als sie den Marktpreis beeinflussen.
Eine Ausnahme gilt, worauf das OLG Stuttgart zu Recht verweist, für den Fall, dass sich die Anschaffung eines Neuwagens als billiger erweist als die Beschaffung eines adäquaten Fahrzeugs auf dem maßgeblichen Gebrauchtwagenmarkt. Dann kann der Geschädigte aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebotes gehalten sein, den Schaden auf der Grundlage des rabattierten Neupreises zu berechnen. Tatsächlich handelt es sich hier um den seltenen Fall einer zulässigen aufgedrängten Bereicherung; denn dem Geschädigten wird damit zugemutet, sich gegebenenfalls zum Schadensausgleich ein objektiv werthaltigeres Fahrzeug zuzulegen.
RA Dr. Hans-Joseph Scholten, VRiOLG a.D.
zfs 5/2023, S. 257 - 260