ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; BGB § 242 § 426 Abs. 1 § 426 Abs. 2 § 823 Abs. 1
Leitsatz
1. Wird das Klagebegehren auf ein undifferenziertes Gemenge von Ansprüchen sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht ohne Angabe einer Prüfungsreihenfolge gestützt, liegt eine alternative Klagehäufung vor, die wegen des Verstoßes gegen das Gebot, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen, unzulässig ist. (Rn. 15)
2. Auf Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Sicherungseigentums an einem Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall muss sich der Sicherungseigentümer das Mitverschulden des Halters und Sicherungsgebers nicht anspruchsmindernd zurechnen lassen. (Rn. 40) Dem Schädiger kann aber ein Ausgleichsanspruch gemäß § 426 BGB gegen den Sicherungsgeber zustehen (vgl. Senatsurt. v. 10.7.2007 – VI ZR 199/06, BGHZ 173, 182 Rn 11 ff.). (Rn. 45)
3. Macht der Halter (Sicherungsgeber; ähnlich: Leasingnehmer) in Prozessstandschaft für den nichthaltenden Eigentümer (Sicherungsnehmer, ähnlich: Leasinggeber) dessen deliktische Ansprüche wegen Verletzung des Eigentums geltend und verlangt er aufgrund einer Ermächtigung des Eigentümers Zahlung an sich selbst, kann der Schädiger die dolo-agit-Einwendung im Hinblick auf den ihm gegen den Halter zustehenden Ausgleichsanspruch gemäß § 426 BGB nicht erheben. Es besteht aber die Möglichkeit, den Ausgleichsanspruch im Wege der (Hilfs-)Widerklage gegen den Halter geltend zu machen. (Rn. 50) (Rn. 52)
BGH, Urt. v. 17.1.2023 – VI ZR 203/22
1 Sachverhalt
[1] Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in einem Parkhaus.
[2] Der Kläger war am Unfalltag Halter und Fahrer eines Pkw Mitsubishi, dessen Kauf er über die M-Bank finanziert hatte. Zur Sicherung des Darlehens hatte er das Fahrzeug an die Bank übereignet. Zudem hatte er sämtliche Ansprüche aus einem eventuellen Verkehrsunfallereignis im Voraus an die Bank abgetreten. Die Bank wiederum hatte den Kläger ermächtigt, Schadensersatzansprüche aus einem solchen Ereignis im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geltend zu machen.
[3] Am Unfalltag parkte der Zeuge H. seinen bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw Seat im Parkhaus in Fahrtrichtung links direkt neben einer Auffahrt. Als er sich unter linkem Lenkradeinschlag rückwärts aus der Parktasche tastete, kollidierte sein Fahrzeug mit dem auf der Fahrgasse von rechts in gerader Fahrlinie rückwärts herannahenden Pkw Mitsubishi. Diesen hatte der Kläger in Fahrtrichtung rechts direkt gegenüber der Auffahrt geparkt und nach dem Ausparken zunächst nach vorne und sodann zurück rangiert, um in die Auffahrt einbiegen zu können. Beim Zusammenstoß wurden beide Fahrzeuge beschädigt.
[4] Von den vom Kläger geltend gemachten Reparaturkosten in Höhe von 3.337,70 EUR, dem Minderwert in Höhe von 500 EUR und den Sachverständigenkosten in Höhe von 680,34 EUR hat die Beklagte vorgerichtlich die Hälfte reguliert. Auf die vom Kläger verlangte Unkostenpauschale in Höhe von 30 EUR hat sie 12,50 EUR (die Hälfte des aus ihrer Sicht anzusetzenden Betrages von 25 EUR) gezahlt. Sie hat sich weiter zum hälftigen Ausgleich der vom Kläger geltend gemachten Mietwagenkosten bereit erklärt, insoweit, d.h. in Höhe von 240,02 EUR, aber die Aufrechnung mit einem Regressanspruch erklärt, der aus der Schadensregulierung an ihren Versicherten resultierte. Auf die vom Kläger verlangten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 540,50 EUR hat sie 255,85 EUR gezahlt.
[5] Mit der Klage hat der Kläger, der den gesamten Schaden ersetzt haben möchte, im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft für die M-Bank die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 2.516,54 EUR und von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 284,65 EUR, jeweils nebst Zinsen, an den Kläger verlangt. Die Beklagte hat Klageabweisung und im Wege der Hilfswiderklage die Feststellung beantragt, dass der Kläger verpflichtet sei, die Beklagte im Falle ihrer Verurteilung zur Zahlung weiterer Reparaturkosten, weiterer Wertminderung sowie weiterer Sachverständigenkosten in Höhe des sich daraus ergebenden Urteilsbetrags gegenüber der M-Bank freizustellen.
[6] Das Amtsgericht hat unter Annahme eines hälftigen Mitverschuldens des Klägers diesem lediglich weitere Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 236,69 EUR nebst Zinsen zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel uneingeschränkt weiter. Die Beklagte wiederholt mit ihrer Anschlussrevision ihren Hilfswiderklageantrag.
2 Aus den Gründen:
[7] A. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt, das Amtsgericht sei zu Recht von einem hälftigen Mitverschulden des Klägers ausgegangen. Beide Unfallbeteiligte hätten gegen ihre Sorgfaltspflichten beim Rückwärtsfahren in einem Parkhaus (§ 9 Abs. 5 StVO) verstoßen. Es greife kein Anscheinsbeweis zugunsten des Klägers im Hinblick auf § 10 Satz 1 StVO, da sich der Kläger nicht im fließenden Verkehr, sondern beim Rückwä...