BGB § 241 Abs. 2 § 249 ff. § 257 § 280 Abs. 1 § 631 § 823; GefStoffV § 7 § 11
Leitsatz
1. Bei einem Vertrag über die Reinigung eines Kraftstofftanks besteht eine Schutzpflicht des reinigenden Fachunternehmens, die Rechtsgüter des Auftraggebers vor Beschädigungen beim Reinigungsvorgang zu bewahren. Es handelt sich dabei um einen Unterfall einer Verkehrssicherungspflicht als vertraglicher Nebenpflicht.
2. Der Auftragnehmer genügt grundsätzlich seiner Verkehrssicherungspflicht, wenn die von ihm übernommenen Arbeiten den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen.
3a. Die Beweislast für die objektive Pflichtverletzung, für den eingetretenen Schaden und für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden trägt zwar im Grundsatz der Gläubiger. Etwas Anderes kann allerdings dann gelten, wenn als Schadensursache nur solche aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Schuldners in Betracht kommen. Steht demnach fest, dass als Schadensursache nur eine solche aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Schuldners in Betracht kommt, muss dieser sich nicht nur hinsichtlich der subjektiven Seite, sondern auch hinsichtlich der objektiven Pflichtwidrigkeit entlasten.
3b. Diese Beweislastverteilung gilt auch bei einer Schadensersatzhaftung, wenn die genaue Ursache nicht aufgeklärt werden kann.
4a. Die Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS 1112 Teil 1) zu Explosionsgefährdungen bei und durch Instandhaltungsarbeiten (Beurteilung und Schutzmaßnahmen) können zur Beurteilung der Sicherheit der durchgeführten Arbeiten herangezogen werden.
4b. Die technischen Regelungen zum Betriebsschutz geben im Anwendungsbereich als Zusammenfassung die für den Umgang mit Explosionsgefahren geltenden anerkannten Regeln der Technik und den Stand der geforderten Schutz- und Gefahrenbeurteilungsmaßnahmen wieder und sind somit zur Bestimmung des nach der Verkehrsauffassung zur Sicherheit Gebotenen geeignet.
OLG Celle, Urt. v. 7.2.2024 – 14 U 113/23
1 Sachverhalt
I. Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aufgrund einer Explosion der kleinen privaten Tankstelle auf dem Grundstück der Klägerin, welche sich am 11.9.2018 ereignete.
Die Klägerin betreibt ein mittelständisches Tischlereiunternehmen, welches über mehrere Firmenfahrzeuge verfügt. Um diese besser bewirtschaften zu können, beabsichtigte die Klägerin, eine auf ihrem Firmengelände befindliche kleine private Tankstelle vom Eigentümer, Herrn H., zu pachten und eigenständig zu betreiben. Allerdings war diese seit Jahren bereits nicht mehr in Betrieb, als sich die Klägerin entschloss, die Tankstelle zu pachten. Mit Mietvertrag vom 30.6.2016 mietete sie die auf ihrem Firmengelände befindliche Tankstelle zum eigenständigen Betrieb sowie eine Lagerhalle zu einer monatlichen Miete von 300 EUR zzgl. 19 % MwSt. Die auf die Tankstelle entfallende Miete betrug dabei 150 EUR zzgl. 19 % MwSt (178,50 EUR). Die Klägerin beauftragte die Beklagte mit E-Mail vom 30.7.2018 mit der fachgerechten Reinigung der zwei Tankstellentanks aus Kunststoff mit je 2x 2.000 l Fassungsvermögen zu einem Preis von 496 EUR netto. Zur Ausführung der Tankreinigung beauftragte die Beklagte wiederum die Firma des Streithelfers, Pe. D. Tankschutzbetrieb. Die Mitarbeiter des Streithelfers, die Zeugen D.-D. und D., führten am 11.9.2018 die Reinigungsarbeiten auf dem Grundstück der Klägerin aus, nachdem sie die Stromzufuhr der Pumpe der Tanks von der Klägerin unterbrechen ließen. Es kam zu einer Explosion eines Tanks der Tankstelle – wobei die Ursache, Zeitpunkt und das Ausmaß der Explosion zwischen den Parteien streitig ist. Personen wurden nicht verletzt. Die Klägerin zahlt an den Eigentümer die vereinbarte Miete weiter.
Die Klägerin hat behauptet, die Tankstelle sei als eine "kleine" Firmentankstelle entworfen, errichtet, geprüft und zugelassen worden. Sie sei seit etwa 20 Jahren nicht mehr in Betrieb. Es sei während der von den Mitarbeitern des Streithelfers ausgeführten Tankreinigung wegen fehlerhafter Ausführung der Reinigungsarbeiten zu der Explosion des Tanks gekommen, als der Zeuge D. die Verkleidung für die Kraftstoffpumpe wieder angebaut habe. Die Zeugen hätten Lösungsmittel zur Reinigung des Tankinneren eingesetzt, wobei ein Schmierfilm zurückgeblieben sei. Die Explosion sei erfolgt, als auf die Bitte eines der Zeugen die Stromzufuhr zur Tankstelle wieder eingeschaltet worden sei. Die Kosten für die Wiedererrichtung der Tankstelle seien mit 42.086,73 EUR, in jedem Fall zumindest mit 25.000 EUR, zu beziffern. Die Klägerin ist der Ansicht, ihr sei ein Schaden von mehr als 10.000 EUR entstanden, da sie die monatliche Miete i.H.v. 178,50 EUR (brutto) – 61 Monate lang – vergeblich für die zerstörte Tankstelle zahle. Sie habe mit dem Eigentümer vereinbart, dass sie sicherstelle, dass die Tankstelle neu errichtet und zum Ende der Mietzeit herausgegeben werde. Neben dieser vergeblich aufgebrachten Miete sei ihr zudem die entgangene Nutzungsmöglichkeit der Tankstelle zu ersetzen. Dieser entgangene Nutzungsvorteil sei zumindest auf w...