Hierzu ein Beispielsfall:
Der VN verschweigt nach einem Unfall in der Kaskoversicherung in seiner Schadensanzeige, der eine gesonderte Belehrung i.S.d. § 28 Abs. 4 VVG beigefügt ist, einen drei Jahre zuvor selber erlittenen Vorschaden in Höhe von 1.000 Euro, der den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs um 300 Euro mindert. Später lässt er sich dahingehend ein, zum Zeitpunkt der Schadensanzeige habe er sich in einer persönlichen Stresssituation befunden und die Angaben getätigt, ohne seine Unterlagen zum Fahrzeug noch einmal genau durchzusehen. Er sei bei der Erklärung aber davon ausgegangen, die Wahrheit anzugeben.
Der VN hat (objektiv) eine Obliegenheitsverletzung durch das Verschweigen des Vorschadens begangen. Er hatte Kenntnis von dem Vorschaden, der auch über der "Bagatellgrenze" liegt. Die vom Gesetz vermutete Einstufung eines Verhaltens als grob fahrlässig dürfte er nicht erschüttern können, wobei sogar eine vorsätzliche Falschangabe "ins Blaue hinein" nahe liegt.
Der VN könnte aber ggf. den Kausalitätsgegenbeweis führen: Wird diesbezüglich auf die konkreten Auswirkungen des verschwiegenen Vorschadens bei der Regulierungsentscheidung des VR Bezug genommen, dürfte eine Leistungskürzung des VR lediglich in Höhe von 300 EUR möglich sein. Nur in dieser Höhe hätte sich die Falschangabe konkret bei der Wertbestimmung des Fahrzeugs ausgewirkt. Wenn dagegen ein Kausalzusammenhang bereits dann bejaht wird, wenn das Aufklärungsinteresse des VR – sei es konkret oder abstrakt – gefährdet ist, wäre dem VN der Kausalitätsgegenbeweis nicht möglich. Seine Falschangabe war im vorliegenden Fall geeignet, die Regulierungsentscheidung des VR zu beeinflussen und hat so dessen berechtigtes Aufklärungsinteresse gefährdet.
Dem VN ist im Übrigen nach § 28 Abs. 3 S. 2 VVG der Kausalitätsgegenbeweis verwehrt, wenn der VR ihm ein arglistiges Verschweigen nachweisen kann. Im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast hat der VN zu den (angeblichen) Gründen für die Falschangabe Stellung genommen. Da der VN aber nach eigenen Angaben trotz einer ordnungsgemäßen Belehrung Angaben getätigt hat, ohne diese (was ihm möglich war ) zu überprüfen, liegt eine Falschangabe ins Blaue hinein nahe. Dabei dürfte den VN auch die von ihm behauptete Gutgläubigkeit an die Richtigkeit seiner Angaben nicht schützen, wenn der zitierten "strengen" Rechtsprechung gefolgt wird: Er hat die bei ihm vorhandenen Unterlagen zum Fahrzeug als Grundlage für eine wahrheitsgemäße Beantwortung der Fragen des VR nicht herangezogen, und Angaben gemacht, ohne offen zu legen, dass es sich um reine Gedächtnisangaben ohne Verwertung aller Erkenntnismöglichkeiten handelt. Zudem kann eine Auswertung weiterer noch zu ermittelnder Umstände im vorliegenden Fall ergeben, dass der VN eine falsche Angabe getätigt hat, da er befürchtete, bei einer Angabe in diesem Feld mit weiteren Nachfragen des VR rechnen zu müssen. Dies würde ebenfalls für die Annahme einer Arglist genügen.