Eine weitere Fallgruppe stellt der Regress des VR wegen einer vorsätzlichen Unfallflucht des VN (§ 142 StGB) dar. Wenn der VN den Unfall bemerkt hat und sich dessen ungeachtet (ohne Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund) entfernt und dadurch den Tatbestand des § 142 StGB verwirklicht, stellt dies ebenfalls eine Obliegenheitsverletzung des VN nach Eintritt des Versicherungsfalls dar, die den VR zu einen Regress berechtigt. Dies gilt auch für die Kaskoversicherung, wenn ein nicht unerheblicher Fremdschaden verursacht worden ist, der bereits ab einer Schadenshöhe von 100 EUR zu bejahen ist. Da es sich um eine spontan am Unfallort zu erfüllende Obliegenheit handelt, ist eine Belehrung i.S.d. § 28 Abs. 4 VVG nicht erforderlich. Die neuen AKB enthalten im Übrigen erstmals ausdrücklich eine Obliegenheit des VN, am Unfallort zu verbleiben. Es bleibt abzuwarten, ob damit der in der Rechtsprechung entwickelte Bezug zu dem Straftatbestand des § 142 StGB hinfällig wird oder sogar (in der Kaskoversicherung) kein erheblicher Fremdschaden mehr vorliegen muss.
In diesen Fällen wird dem VN i.d.R. auch die Möglichkeit des Kausalitätsgegenbeweises verwehrt sein. Dies zum einen, weil sein vorsätzliches Verhalten es bereits nahelegt, dass er sich auch damit abfindet, die Aufklärung des Unfallgeschehens zu erschweren und daher arglistig handelt. Und zum anderen wird er nur schwer den Beweis führen können, dass sich sein Entfernen nicht auf die Feststellungen zum Unfallereignis ausgewirkt hat. Es ist nur auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass der VN den Unfall alkoholisiert im Zustand der Fahruntüchtigkeit verursacht haben kann.
Beispielsfall:
Der haftpflicht- und vollkaskoversicherte VN kommt mit dem versicherten Pkw auf gerader Straße aus (letztendlich) ungeklärter Ursache von der Fahrbahn ab und fährt gegen eine Gartenzaun, der für den VN gut sichtbar beschädigt wird (Schadenshöhe: 1.200 EUR). Dessen ungeachtet entfernt sich der VN vom Unfallort und will den Eigenschaden später von dem VR als Kaskoschaden ersetzt haben, während der VR den VN nach einer Regulierung des Fremdschadens im Innenverhältnis aus der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung in Regress nimmt.
Bei diesem Schadensbild wird der VN sich bewusst vom Unfallort entfernt haben. Den Kausalitätsgegenbeweis wird er nicht führen können, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass er (was ja auch nahe liegt) den Unfall durch eine Trunkenheitsfahrt verursacht hat. In diesem Zusammenhang liegt auch die Annahme eines arglistigen Verhaltens des VN nahe, der die Aufklärung des Unfallgeschehens und damit letztendlich (zumindest als zwingende "Begleiterscheinung") die notwendigen Feststellungen des VR verhindert hat, so dass dem VN die Möglichkeit des Kausalitätsgegenbeweises gar nicht offen stehen würde. Angesichts des aufgetretenen mehr als unerheblichen Fremdschadens wird der VR auch als Kaskoversicherer leistungsfrei.