Abschließend lassen sich diese Ausführungen wie folgt zusammenfassen:
1) Im Fall einer Obliegenheitsverletzung nach Eintritt des Versicherungsfalls, die entweder erwiesener Maßen vorsätzlich oder gem. der Vermutung des § 28 Abs. 2 S. 2 VVG grob fahrlässig erfolgt, kann dem VN der Kausalitätsgegenbeweis nach § 28 Abs. 3 S. 1 VVG eröffnet sein, der eine Leistungsfreiheit des VR (ggf. auch nur zum Teil) verhindern kann. Wenn in Fortsetzung der Relevanzrechtsprechung ein Kausalzusammenhang i.S.d. § 28 Abs. 3 VVG bereits dann angenommen wird, wenn das Aufklärungsinteresse des VR gefährdet ist, wird der VN bei einer Falschangabe i.d.R den Kausalitätsgegenbeweis nicht erfolgreich führen können. Dies liegt anders, wenn nach den konkreten Auswirkungen auf die Regulierungsentscheidung des VR gefragt wird.
2) Der Kausalitätsgegenbeweis ist dem VN jedoch verwehrt, wenn er arglistig handelt. Hierfür genügt es, dass er es billigend in Kauf nimmt, mit seiner Erklärung die Regulierungsentscheidung des VR zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Dies kann bereits dann angenommen werden, wenn er sichere Erkenntnismöglichkeiten nicht nutzt und ins Blaue hinein eine falsche Angabe tätigt, ohne darauf hinzuweisen, dass er die erforderlichen Tatsachen nicht sicher beurteilen kann. Ebenfalls ausreichend ist es, wenn eine falsche Angabe erfolgt, um weiteren Nachfragen des VR aus dem Weg zu gehen und eine schnelle Regulierung zu erreichen.
3) Für die einzelnen Fallgruppen der Obliegenheitsverletzungen nach Eintritt des Versicherungsfalles ergibt sich hieraus Folgendes:
a) Verschweigen eines Vorschadens: Wenn der VR dem VN nachweisen kann, dass dieser Kenntnis von dem verschwiegenen Vorschaden gehabt hat, wird i.d.R. eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung nahe liegen. Diese Falschangabe würde sich aber konkret auf die Feststellungen des VR zur Schadenshöhe nur im Umfang der durch den Vorschaden bedingten Wertminderung auswirken. Dem VN wird jedoch bei einer von ihm zumindest ins Blaue hinein vorgenommenen Falschangabe die Möglichkeit des Kausalitätsgegenbeweises nicht eröffnet sein, da ein arglistiges Verhalten anzunehmen ist, es sei denn, der VN kann im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast einen schlüssigen und überzeugenden Grund für die Falschangabe nennen.
b) Angabe einer falschen Laufleistung: Gibt der VN eine unzutreffende Laufleistung an, gefährdet er das Aufklärungsinteresse des VR durch diese Obliegenheitsverletzung, wenn ein Kilometerstand angegeben wird, der den tatsächlichen Stand um mindestens 10 % unterschreitet. Dass er eine diesbezügliche Falschangabe zumindest billigend in Kauf genommen hat, muss dem VN durch den VR nachgewiesen werden, während die Vermutung einer grob fahrlässigen Falschangabe durch den VN im Regelfall kaum wird erschüttert werden können. Konkret wird sich die Falschangabe auf das Feststellungsinteresse des VR lediglich in Höhe des geringeren Fahrzeugwertes ausgewirkt haben, wobei dem VN dieser Kausalitätsgegenbeweis wegen einer arglistigen Falschangabe i.d.R. immer dann verwehrt sein wird, wenn ihm zumindest eine Falschangabe ins Blaue hinein nachgewiesen werden kann.
c) Angabe eines unzutreffenden Unfallherganges: Gibt der VN einen unzutreffenden Unfallhergang an, wird ihm mit der gebotenen Sicherheit eine vorsätzliche Falschangabe i.d.R. nur in Fällen einer auf der Hand liegenden Falschauskunft nachgewiesen werden können und der Kausalitätsgegenbeweis wird dem VN häufig möglich sein, es sei denn, es wird weiterhin die Relevanzrechtsprechung als Maßstab herangezogen.
d) Verspätete Schadensanzeige: In dieser Fallgruppe wird dem VN nur schwierig ein vorsätzliches Fehlverhalten nachzuweisen sein. Zudem wird der VN im Bereich der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung oftmals den Kausalitätsgegenbeweis führen können, da der VR auf Grund der Angaben des Geschädigten, ggf. auch nach Einsicht in die Ermittlungsakte, über genug Erkenntnisse zur Regulierung verfügt. Meldet der VN dagegen den Schaden im Bereich der Kaskoversicherung erst Monate später, wird dies konkrete eigene Ermittlungen des VR zum Schadensereignis vereitelt haben und den Kausalitätsgegenbeweis unmöglich machen.
e) Unfallflucht: Entfernt sich der VN vom Unfallort, obwohl er einen Fremdschaden erkannt bzw. zumindest billigend in Kauf genommen hat, liegt ebenfalls eine Obliegenheitsverletzung vor. In diesen Fällen ist dem VN i.d.R. der Kausalitätsgegenbeweis verwehrt, da er häufig arglistig in Kauf genommen haben wird, (auch) dem VR die Aufklärung des Unfalls zumindest zu erschweren und zudem in den wenigsten Fällen durch den VN nachgewiesen werden kann, dass z.B. eine möglich erscheinende Trunkenheitsfahrt nicht stattgefunden hat.
f) Korrektur der falschen Angabe: Eine Korrektur der falschen Angabe gibt dem VN lediglich dann einen Einwand aus § 242 BGB, wenn die Korrektur freiwillig zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, zu dem der VR noch keine Kenntnis von der Falschheit gehabt hat und dem VR bisher keine Nachteile entstanden sind. Eine Berufung auf § 24...