Stellt sich für den Versicherer – meist erst im Schadenfall – heraus, dass der Versicherungsnehmer bereits bei Antragstellung Angaben gemacht hat, die nicht den tatsächlichen Umständen entsprechen, so war der Versicherer bislang zum Rücktritt vom Versicherungsvertrag und zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung berechtigt (§§ 16 ff. VVG a.F.). Der Versicherer war bereits nach altem Recht beweisbelastet für die den Rücktritt und das Anfechtungsrecht begründenden Umstände.
Hier lässt sich in der Regel nur mit Indizien arbeiten. In einem Fall des OLG Celle etwa behauptete der Versicherungsnehmer nach Feststellung der Falschangabe, er könne nicht lesen und schreiben und sei der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig. Das Gericht hat ihm dies aus zutreffenden Erwägungen heraus nicht abgenommen, da der Versicherungsnehmer seit vielen Jahren in Deutschland lebte, mit einer Deutschen verheiratet war, drei Kinder hatte und die deutsche Staatsbürgerschaft besaß. Auch mit einem Sachverständigen konnte er sich problemlos in deutscher Sprache unterhalten. Gerade auch für das Gericht sehr eindrucksvoll ist es schließlich, wenn der Versicherungsnehmer vor Gericht der Verhandlung ohne weiteres folgen kann.
Im Rahmen der Antragstellung kommt hinzu, dass gerade diese Phase der Versicherungsnehmerbeziehung geprägt ist durch die Einbindung von Vermittlern. Während das Verhalten und die Kenntnis von Versicherungsmaklern dem Versicherer nicht schaden, ist nach der bekannten Auge-und-Ohr Rechtsprechung des BGH, Wissen und Verhalten eines Agenten dem Versicherer unmittelbar zuzurechnen. Nach den oben dargestellten allgemeinen Grundsätzen und der dort zitierten Rechtsprechung des OLG Hamm kann sich der Versicherer im Falle von Sprachschwierigkeiten dann nicht auf den Grundsatz der Eigenverantwortung seines (künftigen) Versicherungsnehmers zurückziehen, wenn die sprachlichen Defizite eklatant sind und dem Antragsteller ebenso erkennbar keine fremde (Sprach-)Hilfe zur Verfügung steht. In einem vom LG Köln entschiedenen Fall hatte der Agent dem Versicherungsnehmer fälschlicher Weise erklärt, es bestehe vorläufige Deckung. In einem – unstreitig zugegangenen – Schreiben hat der Versicherer dann aber darauf hingewiesen, dass die Auskunft des Agenten falsch gewesen sei und man die Gewährung von Versicherungsschutz zunächst prüfen müsse. Kurze Zeit später kam es zum Versicherungsfall. Der Versicherungsnehmer behauptete, er habe das Schreiben des Versicherers wegen Sprachschwierigkeiten nicht zur Kenntnis nehmen können. Das Landgericht hat dem Kläger abverlangt, sich das Schreiben des Versicherers in eine verständliche Sprache übersetzen zu lassen, um so von seinem Inhalt Kenntnis nehmen zu können. Jedenfalls durch die Versendungsform Einschreiben sei auch die Dringlichkeit des Schreibens zum Ausdruck gebracht worden. Dem Versicherer ist es also auf diese Weise möglich, fehlerhafte Auskünfte seines Vermittlers nachträglich schriftlich zu korrigieren, ohne dass der Versicherungsnehmer sich auf sprachliche Schwierigkeiten berufen kann.