AUB § 7 I
1. Zur Auslegung der Vereinbarung einer progressiven Invaliditätsstaffel
2. Auskünfte auf anonyme Anfragen eines Versicherungsnehmers bei einer Telefonhotline des Versicherers, mit welcher Invaliditätssumme er bei Abschluss eines Unfallversicherungsvertrages und Eintritt eines bestimmten Grades der Invalidität rechnen könne, binden den Versicherer nicht in der Auslegung des für den Versicherungsfall abgegebenen Leistungsversprechens.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 21.10.200 – 5 U 47/09
Die Parteien streiten um einen Anspruch aus einem Unfallversicherungsvertrag.
Vereinbart war hinsichtlich der Invaliditätsleistung Folgendes:
“Versicherungsleistungen Versicherungssummen
Invalidität mit 1000 % Progression50.000 EUR
Vollinvalidität500.000 EUR”
Ferner heißt es (BB-AUB):
Ҥ 7 I. der allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 94) wird wie folgt erweitert:
Führt ein Unfall ohne Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen (§ 8 AUB 94) nach den Bemessungsgrundsätzen der Nummern (2) und (3) zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit, werden der Berechnung der Invaliditätsleistung folgende Versicherungssummen zu Grunde gelegt:
Progression von 1000 % (Anlage 4)
a) für den 25 Prozent nicht übersteigenden Teil des Invaliditätsgrades die im Versicherungsschein festgelegte Invaliditätssumme.
b) für den 25 %, nicht aber 50 Prozent übersteigenden Teil des Invaliditätsgrades die fünffache Invaliditätssumme.
c) Für den 50 Prozent übersteigenden Teil des Invaliditätsgrades die siebzehnfache Invaliditätssumme.”
Der Kläger erlitt am 29.12.2004 einen Unfall, der zu einer dauernden Beeinträchtigung seines linken Arms von 3/7 Armwert führte. Mit Schreiben vom 6.12.2007 rechnete sie die Invaliditätsleistung dahingehend ab, dass ein Anspruch in Höhe von insgesamt 25.000 EUR bestehe, der durch die Vorschüsse erfüllt sei.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass er nach den Bedingungen für die Unfallversicherung mit progressiver Invaliditätsstaffel im vorliegenden Fall die fünffache Invaliditätssumme fordern könne.
Aus den Gründen:
“… 1. Der Kläger hat keinen Anspruch gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. i.V.m. § 7 Nr. I Abs. 1 Satz 1 AUB 94 i.V.m. der Erweiterung von § 7 Nr. I AUB 94 auf Zahlung weiterer 100.000 EUR über den von der Beklagten bereits gezahlten Betrag von 25.000 EUR hinaus.
a) … Der Grad der Invalidität beträgt, da der linke Arm des Klägers unstreitig zu 3/7 dauerhaft beeinträchtigt ist, unstreitig gem. § 7 Nr. I Abs. 2 Buchstabe a) AUB 94, der insoweit durch die Erweiterung zu § 7 AUB 94 nicht abgeändert ist, 3/7 des vollen Armwertes, also 3/7 von 70 % = 30 %.
b) Auf Grund der Regelungen im Versicherungsschein, in § 7 Nr. I Abs. 2 Buchstabe a) AUB 94 sowie im Rahmen der BB-AUB ergibt sich hieraus ein Anspruch in Höhe von lediglich 25.000 EUR.
Im Versicherungsschein ist eine Invaliditätssumme von 50.000 EUR vereinbart. In der Erweiterung von § 7 AUB 94 in den BB-AUB ist geregelt, dass die Versicherungssumme je nach Invaliditätsgrad zu erhöhen ist. Diese Bestimmung in den allgemeinen Versicherungsbedingungen ist so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse die Allgemeinen Bedingungen bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (vgl. BGH NJW 1993, 2369).
Unter Anwendung der vorstehend genannten Kriterien ergibt sich Folgendes:
Nach der Erweiterung zu § 7 AUB 94 ist bei einer vereinbarten Progression von 1000 % nach Buchstabe a) der Regelung für den 25 Prozent nicht übersteigenden Teil des Invaliditätsgrades die im Versicherungsschein festgelegte Invaliditätssumme und nach Buchstabe b) für den 25 %, nicht aber 50 Prozent übersteigenden Teil des Invaliditätsgrades die fünffache Invaliditätssumme zu Grunde zu legen. Die Buchstaben a) und b) sind zusammen zu lesen, wobei die maßgebliche Formulierung in den Worten ‘übersteigenden Teil des Invaliditätsgrades’ liegt. Hierdurch wird klargestellt, dass nicht etwa – wie der Kläger meint – eine erhöhte Invaliditätssumme einheitlich für den gesamten Invaliditätsgrad zu Grunde zu legen ist, also bei einer Invalidität von 30 % insgesamt die fünffache Invaliditätssumme, sondern dass hinsichtlich verschiedener Teile des Invaliditätsgrads abzustufen ist. Bis zu 25 % ist die einfache Invaliditätssumme anzuwenden und nur für den darüber hinausgehenden Teil, also hinsichtlich weiterer 5 %, die fünffache Invaliditätssumme.
Hieraus folgt, dass für die ersten 25 % die einfache Invaliditätssumme von 50.000 EUR maßgeblich ist, sodass insoweit 12.500 EUR anfallen. Für die weiteren 5 % ist die fünffache Invaliditätssumme, also 250.000 EUR zu Grunde zu legen. Fünf Prozent hiervon sind ebenfalls 12.500 EUR. Dies ergibt eine Gesamtsumme von 25.000 EUR.
c) Insoweit handelt es sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht um eine unklare Regelung i.S.d. § 305c Abs. 2 BGB. Vielmehr ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der entsprechenden Kl...