BGB § 670 § 276 Abs. 1 S. 1 § 254 Abs. 1
Leitsatz
1. Dem AN steht gegen den AG bei schuldloser oder einfach fahrlässiger Herbeiführung des Unfalls mit seinem für den Betätigungsbereich des AG eingesetzten Privatfahrzeug des AN ein Aufwendungsersatzanspruch auf vollen Einsatz seiner unmittelbaren Sachschäden gegen den AG zu.
2. Bei mittlerer Fahrlässigkeit des AN an dem Unfalleintritt ist der Schaden anteilig unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu verteilen.
3. Fordert der AN vollen Aufwendungsersatz nach § 670 BGB, muss er darlegen und ggf. beweisen, dass er den Schaden allenfalls leicht fahrlässig verursacht hat.
(Leitsätze der Schriftleitung)
BAG, Urt. v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/09
Sachverhalt
Die Parteien streiten über einen Aufwendungsersatzanspruch des Kl. wegen der Beschädigung seines Pkw.
Die Bekl. handelt mit technischem Schiffs- und Industriebedarf. Der Kl. war bei ihr bis zu seinem Ausscheiden am 31.8.2007 im Verkauf beschäftigt.
Üblicherweise werden im Betrieb der Bekl. die auszuliefernden Waren von Lagermitarbeitern mittels eines firmeneigenen Transporters zu den Kunden befördert. Kleinere Sendungen wurden in der Vergangenheit auch durch die im Verkauf beschäftigten Mitarbeiter an die Kunden ausgeliefert bzw. bei diesen abgeholt, wenn die Wohnung des Kunden auf dem Weg des Mitarbeiters von und zur Arbeit lag. Die dadurch veranlassten Fahrten wurden als Arbeitszeiten vergütet. Die Abholung und Auslieferung von Waren mittels Privat-Pkw wurde auf Weisung der Bekl. nach dem 9.5.2007 zunächst eingestellt.
An diesem Tag war der Kl. gegen 15.45 Uhr mit seinem Kfz zu einem Kunden in der N-Straße in H gefahren, um dort für die Bekl. Kleinteile abzuholen. Er fuhr dabei auf ein vorausfahrendes Fahrzeug auf, nachdem dieses durch plötzliches Abbremsen zum Stillstand gekommen war. Der Unfall wurde polizeilich nicht aufgenommen. Den Schaden am Fahrzeug des Unfallgegners regulierte die Haftpflichtversicherung des Kl.. Eine Versicherung für den am Pkw des Kl. entstandenen Schaden besteht nicht. Insb. hatte die Bekl. zum damaligen Zeitpunkt keine Dienstreise-Kaskoversicherung abgeschlossen. Ein solcher Versicherungsschutz besteht für die Mitarbeiter der Bekl., die ihren Privatwagen für Firmenfahrten einsetzen, erst ab dem 1.6.2007. Ab diesem Zeitpunkt war es den Mitarbeitern auch wieder gestattet, mit ihren Privatfahrzeugen Auslieferungs- und Abholfahrten durchzuführen. Mit E-Mail v. 15.5.2007 erläuterte der Kl. dem Geschäftsführer der Bekl., L, das Unfallgeschehen wie folgt:
„Wie passierte der Unfall?
Beim befahren der N-Str, in der sich die Härterei K & S befindet, bremste der sich vor meinem Unfallgegner befindliche Wagen plötzlich unverhältnismäßig stark ab um (in letzter Sekunde) links in eine Seitenstraße abzubiegen. Mein Unfallgegner der seinen Wagen gerade noch rechtzeitig zum Stehen bringen konnte um oben genannten Wagen nicht zu rammen, kann, wie sich hinterher rausstellte, nicht das Kennzeichen des ihm Vorausfahrendem erinnern, da dieser sich sofort “auf und davon’ machte. Mir war es leider nicht mehr möglich, meinen Wagen rechtzeitig zum Stehen zu bringen, sodass ich meinem Unfallgegner mit einer Restgeschwindigkeit von schätzungsweise 10 bis 15 km/h auffuhr und an dem Wagen meines Unfallgegners sowie an meinem Kfz ein Schaden entstand. Die Ausgangsgeschwindigkeit hat 40 bis 45 km/h aufgrund des einsetzenden Feierabendverkehrs bei mir sowohl auch meinem Unfallgegner nicht überschritten. Ein Personenschaden ist hierbei bei beiden Parteien zum Glück nicht entstanden, sodass nach einem Austausch der Personalien auf der sich in der Nähe befindlichen Polizeidienststelle jeder seine fahrt mit dem eigenem Pkw fortsetzen konnte.
Wann?
Am 9.5.2007 um ca. 15.45 Uhr
… “
Am 2.7.2007 erfolgte eine Kalkulation des Sachschadens am Fahrzeug des Kl. durch die T GmbH & Co. KG. Diese kommt zu Reparaturkosten in Höhe von 7.954,73 EUR inklusive Umsatzsteuer.
Der Geschäftsführer der Bekl. teilte dem Kl. am 9.7.2007 mittels einer E-Mail mit, dass das "Gutachten" seinen Verdacht bestätige, dass der Kl. zu schnell gefahren sei. Anderenfalls wäre es wohl nicht zu einem solchen Schaden gekommen.
Nachdem der Kl. eine von der Bekl. angebotene pauschale Entschädigung in Höhe von 3.000,00 EUR abgelehnt hatte und der Geschäftsführer der Bekl. schriftlich gegenüber dem jetzigen Prozessbevollmächtigten des Kl. darauf hingewiesen hatte, dass das "Gutachten" (wohl: die Kalkulation) unvollständig sei, beauftragte der Kl. erneut die T GmbH & Co. KG mit der Begutachtung des Unfallschadens. Dieses neue, vom selben Gutachter erstellte Gutachten v. 20.8.2007 weist Reparaturkosten in Höhe von 9.368,72 EUR inklusive Mehrwertsteuer, einen Wiederbeschaffungswert von 6.127,45 EUR ohne Umsatzsteuer, einen Restwert von 1.500,00 EUR inklusive Umsatzsteuer sowie eine Wiederbeschaffungsdauer von 14 Kalendertagen aus. Im Ergebnis beurteilt das Gutachten den eingetretenen Schaden als "Totalschaden". Für diese Begutachtu...