A. Einführung
Die Rechtsschutzversicherung (RS-Versicherung) ist immer noch von großer Bedeutung, sowohl für den Rechtsanwalt, dessen Honorar beim Vorliegen einer Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers gesichert ist, als auch für den Mandanten, der ohne eine RS-Versicherung oft nicht in der Lage ist, sein Recht durchzusetzen.
Die Beitragseinnahmen der Rechtsschutzversicherer sind im Berichtszeitraum nur unwesentlich gestiegen:
2010 Mrd. EUR |
2010 Veränderung in % |
2009 Mrd. EUR |
2009 Veränderung in % |
2008 Mrd. Euro |
3,2 |
1,0 |
3,2 |
0,1 |
3,2 |
Die Leistungen der Rechtschutzversicherer sind hingegen, nach einer größeren Steigerung im Jahre 2009, 2010 wieder stark rückläufig:
2010 Mrd. EUR |
2010 Veränderung in % |
2009 Mrd. EUR |
2009 Veränderung in % |
2008 Mrd. EUR |
2,3 |
– 4,5 |
2,4 |
+ 5,9 |
2,3 |
Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat seine gegenüber der im Jahr 2008 (ARB 2008 II ARB) geltenden Fassung der Musterbedingungen im Berichtszeitraum dreimal geändert:
Fassung der ARB |
Wesentliche Neuerungen |
ARB 2009 – Stand Juni 2009 |
§ 9c Abs. 5 Zugang und verspätete Zahlung hier: Kündigung. § 11 Abs. 1 und 3 Änderung der für die Beitragsbemessung wesentlichen Umstände |
ARB 2010 – Stand Juli 2010 |
§ 3a Verschiebung des § 18 (Anwendung des Gutachterverfahrens bzw. des Stichentscheides bei Mutwilligkeit) mit leichten Überarbeitungen nach § 3a § 17 Verhalten nach Eintritt des Rechtschutzfalles mit einigen wesentlichen Änderungen |
ARB 2010 – Stand September 2010 |
§ 8 und § 9 Ende und Dauer des Vertrages, Versicherungsjahr und Beitragszahlung § 10 Beitragsanpassung und § 13 Kündigung nach Versicherungsfall |
Die Musterbedingungen des GDV sind für die Rechtsschutzversicherer nicht mehr verbindlich. Die Versicherungsunternehmen (VU), die die RS-Versicherung anbieten sind nicht mehr verpflichtet die Musterbedingungen anzuwenden. Die RS-Versicherung betreibenden VU's bedienen sich heute fast alle hauseigener Versicherungsbedingungen. Sie sind allerdings verpflichtet, die unveränderlichen Vorgaben des VVG einzuhalten. Wobei in den meisten Fällen die Systematik und auch die wesentlichen Inhalte der Musterbedingungen verwendet werden.
B. Rechtsprechung zur ARB in den Jahren 2009 und 2010
Im Berichtszeitraum ist eine Vielzahl von Urteilen zur RS-Versicherung ergangen. Ein Teil der Rechtsprechung basiert auf hauseigenen Versicherungsbedingungen der Versicherer. Dies heißt aber nicht, dass diese Urteile nicht auf alle AVBs anwendbar sind. Ansonsten ergeht ein entsprechender Hinweis.
I. Aufgabe der Rechtsschutzversicherung (§ 1 ARB)
Nach § 1 ARB trägt der Versicherer die für die Interessenwahrnehmung anfallenden Kosten. Nach § 17 Abs. 5c cc ARB hat der Versicherungsnehmer (VN) alles zu vermeiden, was zu einer unnötigen Erhöhung der Kosten führt. Das LG Essen stellt fest, dass eine unnötige Erhöhung der Kosten dann vorliegt, wenn eine anhängige Leistungsklage wegen der Rückabwicklung eines Darlehns um eine negative Feststellungsklage erweitert wird. Anders sähe es nur dann aus, wenn es dem Kläger nicht zuzumuten ist, weil es um besonders hohe Beträge geht oder der VN konkrete Vermögensdispositionen treffen muss.
II. Der Arbeitsrechtsschutz (§ 2b ARB)
1. Androhung einer betriebsbedingten Kündigung
Der BGH hat durch seine Entscheidung einen jahrelangen Streit zur Frage des Rechtsschutzfalles bei einer angedrohten Kündigung zwischen Anwaltschaft und Rechtsschutzversicherer entschieden:
Anfang 2006 teilte die Arbeitgeberin, bei der der Kläger in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht, ihm mit, dass sein Arbeitsplatz im Rahmen eines Restrukturierungsprogrammes gestrichen und ihm gekündigt werde, wenn er nicht den ihm angebotenen Aufhebungsvertrag annehme. Im Fall einer Kündigung werde es für ihn – anders als bei der Annahme des Aufhebungsvertrages – keine Abfindung geben.
Die Androhung einer betriebsbedingten Kündigung kann, wenn ein unterbreitetes Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages abgelehnt wird, einen Rechtsschutzfall auslösen.
Aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen, um Verständnis bemühten VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse ist ein Rechtsschutzfall anzunehmen, wenn das Vorbringen des VN einen objektiven Tatsachenkern – im Gegensatz zu einem bloßen Werturteil – enthält, mit dem er den Vorwurf eines Rechtsverstoßes verbindet und worauf er dann seine Interessenverfolgung stützt. Der vorgetragene Tatsachenkern muss dabei die Beurteilung erlauben, ob der damit beschriebene Vorgang den zwischen den Parteien ausgebrochenen Konflikt jedenfalls mit ausgelöst hat, also geeignet gewesen ist, den Keim für eine (zukünftige) rechtliche Auseinandersetzung zu legen. Weiterer qualifizierender Voraussetzungen bedarf es insofern nicht; ein adäquater Ursachenzusammenhang reicht mithin aus. Bei dem damit verbundenen Vorwurf ist auf die für den Verstoß gegebene Begründung abzustellen. Auf dieser Grundlage löst bereits eine darin enthaltene bloße Behauptung eines Pflichtverstoßes unabhängig von ihrer Berechtigung o...