ZPO § 103 ff.; RVG § 11 Abs. 2 S. 6
Leitsatz
Eine offenkundig gegen die klare gesetzliche Vorgabe des § 11 Abs. 2 S. 6 RVG getroffene Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren entfaltet trotz ihrer Bestandskraft für das Kostenfestsetzungsverfahren keine Bindungswirkung. Eine Erstattung von im Beschwerdeverfahren entstandenen Anwaltskosten findet deshalb nicht statt. (Leitsatz des Bearbeiters)
KG, Beschl. v. 12.1.2011 – 5 W 50/10
Sachverhalt
Die Anwälte hatten den Bekl. in einem Rechtsstreit vor dem LG als Prozessbevollmächtigte vertreten. Nach Beendigung des Rechtsstreits betrieben die Anwälte gegen den Bekl. das Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG. In Vergütungsfestsetzungsbeschluss setzte die Rechtspflegerin die Vergütung der Anwälte, die als Antragsteller bezeichnet wurden, gegen den hier als Antragsgegner bezeichneten Bekl. fest. Auf die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegners hob der Einzelrichter des 1. ZS des KG in seinem Beschl. v. 24.9.2009 den Vergütungsfestsetzungsbeschluss auf, wies den ihm zugrunde liegenden Festsetzungsantrag zurück und sprach aus, dass die Kosten des Beschwerdeverfahrens die Antragsteller zu tragen hätten. Diese Kostenentscheidung stützte der Richter auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die rund zwei Jahre später hiergegen erhobene Gegenvorstellung der Antragsteller wies der Einzelrichter des 1. ZS des KG durch Beschl. v. 6.7.2010 wegen Verspätung als unzulässig zurück.
Der Antragsgegner beantragte nunmehr aufgrund der vorgenannten Kostenentscheidung die Festsetzung der für das Tätigwerden seiner anwaltlichen Betreuerin in dem Beschwerdeverfahren angefallenen Gebühren und Auslagen gegen die Antragssteller. Diesen Kostenfestsetzungsantrag wies die Rechtspflegerin mit der Begründung zurück, die Betreuerin habe sich in dem Beschwerdeverfahren nicht als verfahrensbevollmächtigte Anwältin gemeldet und könne keine Gebühren nach dem RVG abrechnen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat der Einzelrichter des 5. ZS des KG zurückgewiesen.
2 Aus den Gründen:
„ … II. 2. Der Einzelrichter teilt allerdings nicht die Auffassung der Antragsgegnerin und der Rechtspflegerin, die Festsetzung sei deshalb abzulehnen, weil der geschäftsunfähige Antragsteller seine Betreuerin nicht als Rechtsanwältin mit seiner Vertretung in dem vorangegangenen Beschwerdeverfahren habe beauftragen können, sich diese in dem Beschwerdeverfahren lediglich als Betreuerin und nicht als vom Antragsteller bevollmächtigte Rechtsanwältin gemeldet habe und deren Tätigkeit im Übrigen durch die Betreuervergütung abgegolten sei. Ob die Betreuerin vorliegend neben ihrer Betreuervergütung für ihre Tätigkeit in dem vorangegangenen Beschwerdeverfahren vom Antragsteller eine anwaltliche Vergütung nach RVG beanspruchen kann, hängt maßgeblich davon ab, ob die Tätigkeit als anwaltsspezifische Tätigkeit anzusehen ist, bei der ein Betreuer, der nicht Rechtsanwalt ist, einen Rechtsanwalt beauftragt hätte (§ 1835 Abs. 3 BGB, vgl. BGH Beschl. v. 20.12.2006 – XII ZB 118/03, Rn 14 in juris). Sie hängt indes grundsätzlich nicht davon ab, ob der Betreute seinen Betreuer mit einer solchen anwaltsspezifischen, im Aufgabenkreis des Betreuers liegenden Tätigkeit beauftragt hat und ob sich der Betreuer zugleich als bevollmächtigter Rechtsanwalt des Betreuten im gerichtlichen Verfahren gemeldet hat.
3. Die Frage, ob der Betreuerin vorliegend aus einem anwaltlichen Tätigwerden in dem Beschwerdeverfahren eine Gebührenforderung nach RVG gegen den Betreuten erwachsen ist, kann indes dahinstehen. Denn die im Beschl. des 1. ZS v. 24.4.2009 getroffene Kostenentscheidung verstößt offenkundig gegen die klare gesetzliche Vorgabe des § 11 Abs. 2 S. 6 RVG, sodass diese bzgl. der Erstattung im Beschwerdeverfahren entstandener Anwaltskosten im Kostenfestsetzungsverfahren keine Bindungswirkung zu entfalten vermag.
Im Einzelnen:
a) Eine Auslegung der Kostenentscheidung dahingehend, außergerichtliche Kosten würden schon vom Wortlaut des Tenors, jedenfalls aber vom erkennbaren Willen des entscheidenden Einzelrichters nicht erfasst, kommt nicht in Betracht. Der Wortlaut spricht die Kostentragung hinsichtlich der “Kosten des Beschwerdeverfahrens‘ aus und differenziert nicht zwischen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten. Eine solche Differenzierung kann auch nicht aus der Begründung der Kostenentscheidung gewonnen werden. Denn die insoweit angeführte Bestimmung des § 91 Abs. 1 ZPO erfasst insb. auch “die dem Gegner erwachsenen Kosten‘. Gegen ein Auslegungsergebnis, wonach die außergerichtlichen Kosten von der Kostentragungspflicht nicht erfasst sein sollen, spricht vorliegend schließlich, dass gerichtliche Kosten, die dem unterlegenen Gegner der erfolgreichen Beschwerde hätten auferlegt werden können – Gebühr gemäß Nr. 1812 des Kostenverzeichnisses zum GKG und gegebenenfalls Zustellungskosten (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., § 11 Rn 273) – nicht angefallen waren.
Was eine Auslegung der Kostenentscheidung nach dem wirklichen Willen des damals amtieren...