„ … III. Die Revision der StA führt auf die Sachrüge hin zur Aufhebung des angefochtenen Urt. und zur Zurückverweisung der Sache, weil das LG zu Unrecht von der Existenz eines Beweisverwertungsverbots hinsichtlich der ohne richterliche Anordnung entnommenen Blutproben und des insoweit erstellten Gutachtens v. 29.10.2009 zur BAK des Angekl. ausgegangen ist.
1. Nach § 81a Abs. 1 S. 1 StPO darf “eine körperliche Untersuchung des Beschuldigten ( … ) zur Feststellung von Tatsachen angeordnet werden, die für das Verfahren von Bedeutung sind.’ Gem. § 81a Abs. 1 S. 2 StPO sind “zu diesem Zweck ( … ) Entnahmen von Blutproben und andere körperliche Eingriffe, die von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu Untersuchungszwecken vorgenommen werden, ohne Einwilligung des Beschuldigten zulässig, wenn kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist.’ Nach § 81a Abs. 2 StPO steht “die Anordnung ( … ) dem Richter, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen (§ 152 GVG) zu’.
2. Aufgrund der Feststellungen des LG ist bereits nicht gegen die Beweiserhebungsvorschrift des § 81a StPO verstoßen worden. Wegen Vorliegens der materiellen und formellen Eingriffsvoraussetzungen war die Zeugin und Polizeibeamtin PHM'in S. als Ermittlungsperson i.S.v. § 152 Abs. 2 GVG i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 1b BayStAHiBV vielmehr berechtigt, die Entnahmen der Blutproben des Angekl. ohne dessen Einwilligung nach § 81a Abs. 2 StPO wegen Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung selbst, d.h. ohne den vorherigen Versuch der Einholung einer richterlichen Anordnung, anzuordnen. Da die Eilanordnungskompetenz des § 81a Abs. 2 StPO nicht unberechtigt in Anspruch genommen wurde, steht einer Verwertung der entnommenen Blutproben des Angekl. und des insoweit erstellten Blutalkoholgutachtens v. 29.10.2009 auch kein Beweisverwertungsverbot entgegen.
a) Die Eilanordnungskompetenz der polizeilichen Ermittlungsperson folgt hier jedenfalls daraus, dass der Angekl. nach Beendigung der Fahrt nicht nur weiterhin Alkohol in unbekannter Menge zu sich nahm (sog. Nachtrunk), sondern auch die Mitwirkung an dem ihm angebotenen freiwilligen Atemalkoholtest verweigerte und für eine BAK außerhalb der rechtlich bedeutsamen “Grenzwerte’ auch sonst keinerlei Anhaltspunkte vorlagen, so dass ein in mehrfacher Hinsicht unklares Ermittlungsbild gegeben war. Denn je komplexer sich der Sachverhalt darstellt und je präziser deswegen die Analyse der Blutwerte sein muss, desto eher ist von einer Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auszugehen (OLG Hamburg, Beschl. v. 4.2.2008 – 1 Ss 226/07 = NJW 2008, 2597 ff.; v. Kühlewein JR 2007, 517 ff., 518). Die objektive “Evidenz der Gefährdungslage’ (vgl. BVerfG, Beschl. der 1. Kammer des 2. Senats v. 11.6.2010 – 2 BvR 1046/08 = NJW 2010, 2864 ff. [= zfs 2010, 525]) wurde hier insbesondere nicht dadurch ausgeschlossen oder auch nur relativiert, dass die anordnende Polizeibeamtin – etwa aufgrund eines ihr zur Verfügung stehenden Atemalkoholwertes – von einem ersichtlich nicht in der Nähe eines von der höchstrichterlichen Rspr. festgelegten “quasi-gesetzlichen’ Grenzwertes, hier einer BAK in Höhe von 1,1 ‰ für die Annahme sog. “absoluter’ Fahruntüchtigkeit i.S.v. § 316 Abs. 1 StGB (vgl. BGHSt 37, 89/91 ff. [= zfs 1990, 285]; Fischer StGB 58. Aufl. § 316 Rn 12 ff., 25 m.w.N.) auszugehen hatte, zumal der Angekl. auch keine Angaben zu seiner Alkoholaufnahme machte, mithin zuverlässige Anhaltspunkte zu Trinkmenge und Trinkverlauf fehlten (zur Erheblichkeit eines – wie hier – tatsächlichen oder behaupteten Nachtrunks bei fehlenden sonstigen hinreichend aussagekräftigen Hinweisen auf den Alkoholisierungsgrad vgl. BVerfG a.a.O. [“Ein Nachtrunk war zu diesem Zeitpunkt nicht behauptet und auch nicht mehr zu befürchten … ’] und BVerfG, Beschl. der 3. Kammer des 2. Senats v. 21.1.2008 – 2 BvR 2307/07, bei Juris [“Es ist … nicht vollständig auszuschließen, dass die ermittelnden Polizeibeamten das Vorliegen von Gefahr im Verzuge angenommen haben, um die BAK des Beschwerdeführers, insb. wegen dessen Behauptung des Nachtrunks, in zeitlicher Nähe zum Tatzeitpunkt zu sichern’]; ferner OLG Bamberg, Beschl. v. 19.3.2009 – 2 Ss 15/09 = NJW 2009, 2146 ff. [OLG Brandenburg zfs 2009, 349]; OLG Hamburg a.a.O.; OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.6.2010 – 53 Ss 68/10, bei Juris; OLG Frankfurt DAR 2010, 145 ff.; OLG Hamm, Beschl. v. 25.8.2008 – 3 Ss 318/08 = NJW 2009, 242 ff. und v. 12.3.2009 – 3 Ss 31/09 = DAR 2009, 336 ff. [= zfs 2009, 409]; LG Berlin DAR 2008, 534 f.; LG Itzehoe NStZ-RR 2008, 249 ff.; LG Hamburg, Beschl. v. 6.5.2010 – 603 Qs 165/10 = BA 47, 306 ff.; v. Kühlewein a.a.O.; vgl. im Übrigen auch die jeweiligen Hinweise auf den Grad der Alkoholisierung und seine Nähe zu rechtlich relevanten Grenzbereichen bzw. auf die konkreten Umstände des Einzelfalls am Kontroll- oder Betreffensort u.a. bei OLG Köln, Beschl. v. 15.1.2010 – 83 Ss 100/09 = StV 2010, 622 ff. [= zf...