VVG § 172
Leitsatz
Eine selbstständige Tätigkeit (Korallenzucht), die ein VN neben seinem Beruf als Leitender Angestellter zunächst als Hobby betreibt, und die er erst für die Zukunft alternativ zu seiner Lebensgrundlage machen will, ist noch nicht Teil des maßgeblichen Berufs.
(Leitsatz der Schriftleitung)
BGH, Beschl. v. 16.1.2019 – IV ZR 182/17
Sachverhalt
Der Kl., Dipl.-Ing. für Automatisierungstechnik, fordert Berufsunfähigkeitsrente aus einer beim beklagten Versicherungsverein gehaltenen Rentenversicherung.
Neben seiner Tätigkeit als Angestellter gründete der Kl. im Juni 2007 das im Keller seines Hauses betriebene Einzelunternehmen "M.", das sich mit Anlagenbau im Meerwasserbereich sowie dem Import und der Zucht von Korallen und anderen Lebewesen (insb. Anemonen) befasste. Schon etwa 15 Jahre zuvor hatte der Kl. damit begonnen, Korallen zu züchten. Er wollte ab dem Jahre 2017 nur noch sein Einzelunternehmen betreiben und seine Angestelltentätigkeit aufgeben.
Auch nach einem Wechsel in eine Tätigkeit als leitender Angestellter führte er sein Unternehmen "M." fort und erzielte damit im Jahre 2011 erstmals seit der Gründung einen Gewinn von 8.434 EUR.
Am 13.1.2012 zog sich der Kl. bei einem Sturz Beinverletzungen, insb. Verletzungen beider Knie unter anderem an Kniescheiben, Menisken und Bändern, zu. Auch nach zwei Operationen des rechten und einer Operation des linken Knies verblieben Einschränkungen und Schmerzen. Der Kl. ist unter anderem beim Gehen eingeschränkt, kann nicht lange stehen oder sitzen und muss häufig seine Beinposition verändern, um Schwellungen und Schmerzen zu verhindern. Autofahren ist ihm nur bis zu einer Stunde lang schmerzfrei möglich. Da er sich verletzungsbedingt nicht um seine Korallen und Anemonen kümmern konnte und diese infolgedessen eingingen, stellte er das Unternehmen "M." ein.
Der Bekl. lehnt Versicherungsleistungen ab, weil der Kl. in seinem Beruf als Angestellter noch zu mehr als 50 % berufsfähig sei und sein Beruf als selbstständiger Korallenzüchter für die Frage der Berufsunfähigkeit ohne Bedeutung und mit Blick auf die Einkommensverhältnisse zu vernachlässigen sei.
2 Aus den Gründen:
"… [10] Das BG hat es abgelehnt, den Grad der Berufsunfähigkeit des Kl. anhand einer Gesamtbetrachtung seiner angestellten und selbstständigen Tätigkeit zu ermitteln oder auch beide Tätigkeiten isoliert als zwei Berufe zu bewerten. Der maßgebliche Beruf müsse in der Berufsunfähigkeitsversicherung eigenständig und unabhängig von gewerbe-, finanz- oder sozialrechtlichen Definitionen bestimmt werden. Als Beruf i.S.v. § 172 Abs. 2 VVG werde der in gesunden Tagen zuletzt ausgeübte Beruf angesehen. Das sei jede auf Dauer angelegte, der Schaffung oder der Erhaltung der Lebensgrundlage dienende Tätigkeit, wobei nicht notwendigerweise Einkünfte erzielt werden müssten. Entscheidend sei vielmehr, wie die Erwerbstätigkeit des Versicherten konkret ausgestaltet gewesen sei. Dabei sei die Erwerbstätigkeit von Hobbies abzugrenzen."
[11] Der Kl. habe seine Lebensgrundlage durch seine Tätigkeit als Angestellter geschaffen und erhalten. Unstreitig sei seine Korallenzucht zunächst nur ein Hobby gewesen. Daran habe sich aber auch durch die Anmeldung als selbstständiges Unternehmen oder das etwaige Erreichen des sog. Break-Even-Points mit dem ersten Jahresgewinn im Jahre 2011 nichts geändert, wobei zwar allein die anfänglichen Verluste noch nicht gegen die Einordnung als Beruf sprächen. Maßgeblich sei aber, inwieweit ein Versicherter die konkrete Tätigkeit vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung zur Erhaltung der Lebensgrundlage eingesetzt habe.
[12] Die selbstständige Tätigkeit habe die Angestelltentätigkeit nach dem Vortrag des Kl. erst 2017 ablösen sollen und sei deshalb für den maßgeblichen Unfallzeitpunkt noch unerheblich, da Hoffnungen und Erwartungen auf einen künftigen Beruf nicht zu berücksichtigen seien.
[13] Auch unter Berücksichtigung der vom Kl. behaupteten Arbeitszeiten stellten seine Tätigkeiten nicht gemeinsam die versicherte Tätigkeit dar. Zwar könne sich ein Beruf aus Haupt- und Nebentätigkeiten zusammensetzen, auch könnten mehrere zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeübte Tätigkeiten als ein Berufsbild mit verschiedenen Bereichen anzusehen sein. VN seien in der modernen Arbeitswelt manchmal gehalten, zur Schaffung und Erhaltung ihrer Lebensgrundlage verschiedenen Tätigkeiten nachzugehen. Beim Kl. hätten sie aber gerade nicht kumulativ, sondern alternativ der Erhaltung der Lebensgrundlage dienen sollen; er habe lediglich für die Zukunft erwartet, zum Erhalt der Lebensgrundlage seine Angestelltentätigkeit durch seine selbstständige Tätigkeit im Bereich der Korallenzucht abzulösen. Das sei aber lediglich eine nicht versicherte Hoffnung.
[14] 3. Hiergegen richtet sich die Revision des Kl. (…)
[15] 4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO) liegen indes nicht vor, das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a S. 1 ZPO).
[16] a) Eine grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache i.S.v. § 543...