Wird der psychische Schaden als Folge einer Körperverletzung geltend gemacht, gilt das Beweismaß des § 287 ZPO. Hier können sich aber beträchtliche Zurechnungsprobleme stellen. Grundsätzlich hat der Schädiger für seelisch bedingte Folgeschäden einer Verletzungshandlung auch dann einzustehen, wenn sie auf einer psychischen Anfälligkeit des Verletzten oder auf einer neurotischen Fehlverarbeitung beruhen. Das ist eine Konsequenz aus dem Grundsatz, dass eine konstitutive Schwäche des Geschädigten nicht dem Schädiger zugutekommen soll. Andererseits muss diese Haftung Grenzen haben, weil solche Beeinträchtigungen oft vielschichtige Ursachen haben und zudem objektiver Nachprüfung weitaus weniger zugänglich sind als körperliche Schäden. Mit diesem Zurechnungsproblem hat sich der BGH immer wieder befasst. Nachdem sich Begriffe wie Zufallsursache und Kristallisationspunkt wegen ihrer Unbestimmtheit als unzureichend erwiesen hatten, hat der BGH in mehreren Grundsatzentscheidungen aus den Jahren 1996 und 1997 neue Kriterien zur Begrenzung der Haftung entwickelt.
Danach setzt eine Haftung bei psychischen Beschwerden mit Krankheitswert, jedoch ohne feststellbare Körperverletzung voraus, dass der Schaden in unmittelbarem Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage steht, die psychischen Beschwerden also als verständliche Reaktion auf den Unfall angesehen werden können. Ein rein äußerlicher Zusammenhang genügt nicht. Die Haftung kann auch entfallen bei grobem Missverhältnis zwischen dem Anlass und der psychischen Reaktion, sodass der Unfall nicht völlig geringfügig im Sinn einer Bagatelle sein und nicht gerade auf eine spezielle Schadensanlage des Verletzten treffen darf. Der erforderliche Zurechnungszusammenhang zwischen unfallbedingten Verletzungen und Folgeschäden ist auch zu verneinen, wenn die Beschwerden entscheidend durch eine neurotische Begehrenshaltung geprägt sind. In einem im Jahr 2013 vom BGH entschiedenen Fall beruhten die Beschwerden zu 90 % auf einer solchen Begehrenshaltung, was ausgereicht hat, um die Schadensersatzpflicht in vollem Umfang zu verneinen.
Diese Fragen kann das Gericht in der Regel nicht ohne besondere Sachkunde beantworten; vielmehr bedarf es der Hinzuziehung eines Gutachters mit Spezialausbildung und entsprechender Erfahrung. Für den haftungsrechtlichen Zusammenhang hat der Anwalt den Verletzten stets eingehend zu befragen und dann entsprechend vorzutragen. Dieser wichtige Hinweis stammt ebenfalls aus einem Urteil des BGH und zwar des IX. Zivilsenats, der für die Anwaltshaftung zuständig ist. Das Urteil behandelt eingehend den Umfang der Darlegungspflicht des Anwalts bei psychischen Unfallfolgeschäden und ich möchte allen, die sich mit solchen Schäden befassend, dringend die Lektüre empfehlen, um nachteilige Haftungsfolgen für sich selbst zu vermeiden.