"… II. Die gem. § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§ 341 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG) Rechtsbeschwerde hat mit der zulässig erhobenen Sachrüge (§§ 344, 345 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG) – die Rüge der Verletzung formellen Rechts entspricht nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG und ist daher unzulässig – bereits deshalb (zumindest vorläufig) Erfolg, weil die den Tatsachenfeststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils lückenhaft ist, so dass es auf die mit der Gegenerklärung vom 10.1.2019 darüber hinaus – was zulässig ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 349 Rn 17) – näher ausgeführten materiell-rechtlichen Beanstandungen nicht ankommt."

1. Zwar sind an die Gründe eines tatrichterlichen Bußgeldurteils keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen. Gleichwohl gilt für sie gemäß § 46 Abs. 1 OWiG die Vorschrift des § 267 StPO sinngemäß und damit für ihren Inhalt grds. nichts anderes als im Strafverfahren. Auch die Gründe eines Bußgeldurteils müssen so beschaffen sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung ermöglicht wird (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 2.4.2015 – 2 Ss OWi 251/15, juris, Rn 13; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 5.11.2015 – Ss (BS) 76/2015 (44/15 OWi), zfs 2016, 352; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 15.9.2016 – 2 (7) SsBs 507/16, juris, Rn 8; Göhler/Seitz/Bauer, OWiG, 17. Aufl., § 71 Rn 42; KK-OWiG/Senge, 5. Aufl., § 71 Rn 106). Das gilt auch für die Beweiswürdigung, weil das Rechtsbeschwerdegericht nur so in den Stand versetzt wird, die Beweiswürdigung des Tatrichters auf Lücken, Unklarheiten, Widersprüche sowie auf Verstöße gegen Denkgesetze und gesicherte Erfahrungssätze zu überprüfen (Göhler/Seitz/Bauer, a.a.O., § 71 Rn 43; KK-OWiG/Senge, a.a.O., § 71 Rn 107). Die den Tatsachenfeststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung muss daher im Regelfall erkennen lassen, ob und wie sich der Betr. eingelassen hat, ob und warum der Richter der Einlassung folgt oder ob und inwieweit er die Einlassung als widerlegt ansieht; schweigt der Betr. oder bestreitet er die Tat, müssen die Urteilsgründe die tragenden Beweismittel wiedergeben und sich mit ihnen auseinandersetzen (Göhler/Seitz/Bauer, a.a.O., § 71 Rn 43; KK-OWiG/Senge, a.a.O., § 71 Rn 107 m.w.N.). Das Fehlen einer zumindest gestrafften Darstellung der Einlassung des Betr. in den Urteilsgründen sowie gegebenenfalls einer Beweiswürdigung, die sich mit den tragenden Beweismitteln und deren Ergebnissen auseinandersetzt, begründet auch im Bußgeldverfahren in aller Regel einen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils.

2. Diesen Anforderungen genügen die Gründe des angefochtenen Urteils – wie die Verteidigerin in ihrer Gegenerklärung vom 10.1.2019 zutreffend ausgeführt hat – nicht. Aus der – überflüssigen formelhaften (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 267 Rn 12a) – Aufzählung der verwendeten Beweismittel eingangs der Gründe des angefochtenen Urteils lässt sich zwar entnehmen, dass sich der Betr. eingelassen hat (“ … aufgrund der Einlassung seitens des Betr.'). Nicht mitgeteilt wird jedoch der Inhalt dieser Einlassung. Im weiteren Verlauf der – Feststellungen, Beweiswürdigung und rechtliche Wertungen vermischenden – Urteilsgründe heißt es lediglich, dass seitens des Betr. keine konkreten Messfehler oder Unregelmäßigkeiten vorgebracht worden seien, sondern sich der Vortrag auf – nicht näher ausgeführte – “entscheidungsunerhebliche abstrakte Einwände gegen die Messung in Form der “gutachterlichen Sachstandsbewertung' der VUT vom 22.5.2018' beschränkt habe. Abgesehen davon, dass die Einwände des Betr. gegen die Messung zumindest in gestraffter Form hätten dargestellt werden müssen, lassen die Gründe des angefochtenen Urteils jegliche Ausführungen dazu vermissen, wie sich der Betr. im Übrigen zum Tatvorwurf eingelassen hat. Insb. hat das Amtsgericht seine Überzeugung von der Fahrereigenschaft des Betr. ausdrücklich auf einen Vergleich der Gesichtsmerkmale des in der Hauptverhandlung anwesenden Betr. mit dem sich in der Akte befindenden Messbild gestützt, ohne mitzuteilen, ob und wie sich der Betr. insoweit eingelassen hat. Dementsprechend fehlt auch jedwede Auseinandersetzung mit einer (möglichen) Einlassung des Betr. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Betr. bzgl. des ihm zur Last gelegten Geschwindigkeitsverstoßes substantiiert verteidigt hat und der Tatrichter die Bedeutung der Betroffeneneinlassung verkannt oder sie rechtlich unzutreffend gewürdigt hat (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O., juris, Rn 9).

Das angefochtene Urteil ist daher mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben (§ 353 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG) und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurück zu verweisen, wobei der Senat von der Möglichkeit der Zurückverweisung der Sache an eine andere Abteilung des AG Gebrauch macht (§ ...

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