Strafprozessrecht
Keine Befugnis der deutschen Staatsanwaltschaften zur Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls (EuGH, Urt. v. 27.5.2019, C – 508/18 und C – 82/19 PPU)
Der EuGH hat mit Urteil vom 27.5.2019 (C – 509/18 und C – 82/19 PPU) entschieden, dass der Begriff "ausstellende Justizbehörde" i.S.v. Art. 6 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13.6.2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26.2.2009 geänderten Fassung dahin auszulegen ist, dass darunter nicht die Staatsanwaltschaften eines Mitgliedstaats fallen, die der Gefahr ausgesetzt sind, im Rahmen des Erlasses einer Entscheidung über die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls unmittelbar oder mittelbar Anordnungen oder Einzelweisungen seitens der Exekutive, etwa eines Justizministers, unterworfen zu werden. Die deutschen Staatsanwaltschaften seien zwar zur Objektivität verpflichtet. Die Justizminister verfügten aber nach §§ 146, 147 GVG über ein Weisungsrecht, weshalb die deutschen Staatsanwaltschaften der Gefahr ausgesetzt seien, bei ihrer Entscheidung über die Ausstellung des Europäischen Haftbefehls von der Exekutive beeinflusst zu werden. Art. 6 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses setze aber voraus, dass die "ausstellende Justizbehörde" die Gewähr für ein unabhängiges Handeln im Rahmen der Ausstellung eines solchen Haftbefehls biete. Dies sei bei den deutschen Staatsanwaltschaften nicht der Fall.
Befugnis des litauischen Generalstaatsanwalts zur Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls (EuGH, Urt. v. 27.5.2019 – C-509/18)
Mit weiterem Urteil vom 27.5.2019 (C-509/18) hat der EuGH ferner entschieden, dass der Generalstaatsanwalt in Litauen als eine strukturelle von der Judikative unabhängige Stelle für die Verfolgung von Straftaten, dessen Status ihm eine Gewähr für die Unabhängigkeit gegenüber der Exekutive im Rahmen der Ausstellung des Europäischen Haftbefehls verschaffe, dagegen unter den Begriff der "ausstellenden Justizbehörde" des Rahmenbeschlusses falle.
Verkehrsverwaltungsrecht
Zulassung von E- Scootern im Straßenverkehr
Der Bundesrat hat am 17.5.2019 der Verordnung der Bundesregierung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr und zur Änderung weiterer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften zugestimmt, die den Umgang mit Elektrokleinstfahrzeugen (sog. E-Scootern) regelt. Anders als in der Regierungsverordnung ursprünglich vorgesehen, dürfen die E-Scooter aber nicht auf Gehwegen und in Fußgängerzonen fahren, sondern ausschließlich auf Radwegen bzw. Radfahrstreifen. Gibt es solche nicht, müssen die Roller auf der Straße fahren. Für alle E-Scooter gilt ein Mindestalter von 14 Jahren. Die Roller müssen bremsen können und eine Beleuchtungsanlage haben. Zum Versicherungsnachweis wurde von der Bundesregierung eigens eine aufklebbare Versicherungsplakette zur Anbringung von E-Scootern konzipiert. Eine Helmpflicht besteht aber nicht. Wann die Verordnung in Kraft tritt, entscheidet die Bundesregierung. Sie muss die beschlossenen Änderungen noch umsetzen, dann kann sie die Verordnung im Bundesgesetzblatt verkünden. In einer begleitenden Entschließung hat sich der Bundesrat ferner dafür ausgesprochen, dass E-Scooter Einbahnstraßen auch entgegen der Fahrtrichtung befahren dürfen, sofern dies für Fahrräder erlaubt ist. Er bittet die Bundesregierung, die StVO entsprechend zu ändern. Überlegungen der Bundesregierung für eine Ausnahmeverordung für sog. Hoverboards und sonstige Fahrzeuge ohne Lenk- und Halteeinrichtung lehnt der Bundesrat dagegen ab: Die Strategie "Vision Zero" (keine Toten und Schwerverletzten) im Straßenverkehr dürfe nicht gefährdet werden.
Quelle: Bundesrat KOMPAKT v. 17.5.2019, www.bundesrat.de
Verkehrspolitik
Weltverkehrsforum in Leipzig (International Transport Forum)
Vom 22.–24.5. 2019 kamen mehr als 1.400 Vertreter aus über 60 Staaten zum Weltverkehrsforum (International Transport Forum, ITF) in Leipzig zusammen, um sich auf internationaler Ebene über Mobilität und Verkehr auszutauschen. Thema des diesjährigen Gipfels war das Verbinden von Regionen durch Mobilität (Transport Connectivity for Regional Integration). Dies ist der zweite Gipfel einer Trilogie: Von 2018–2020 lautet das übergeordnete Thema "Sustainable Transport", nachhaltiger Verkehr. Das Weltverkehrsforum wurde 2006 gegründet. Es versteht sich als internationaler "Think Tank" für Mobilitätspolitik. Die Präsidentschaft wechselt jährlich und liegt 2019 bei Südkorea. Weitere Informationen zum Weltverkehrsforum finden Sie unter: 2019.itf-oecd.org.
Quelle: BMVI Aktuell, www.bmvi.de
Autor: Karsten Funke
Karsten Funke, Richter am Landgericht, München
zfs 6/2019, S. 302