Auswirkungen auf die Höhe einer Abfindung sind denkbar entweder durch coronabedingte, zusätzliche körperliche Beeinträchtigungen oder durch Einwirkungen infolge von Veränderungen des Umfeldes.
Natürlich sind genaue Prognosen, wie von Medizinern immer wieder betont wird, aktuell nicht möglich. Nach bisherigem Kenntnisstand kann aber gesagt werden, dass bei den infizierten Personen, die nicht versterben, die Krankheit in der Regel wohl in den meisten Fällen weitgehend vollständig ausheilt. Es gibt aber auch Infizierte, bei denen die Symptome erst nach längerer Zeit abklingen.
Aktuell kommt aktuell der sich verstärkende Verdacht auf, dass unabhängig von ggf. vorhandenen Vorschäden in Einzelfällen Geheilte mit schwerem Verlauf Schäden an der Lunge oder am Gehirn zurückbehalten. Tatsächlich greift das Virus u.U. wohl auch das Gehirn an, denn es zeigen sich bei einigen Erkrankten neurologische Begleiterscheinungen. Um das sicher beurteilen zu können, sind aber noch weitere belastbare Untersuchungen und Erkenntnisse notwendig. Der von einigen Versicherern vor diesem Hintergrund vorgebrachte Einwand einer anderweitigen Schädigungsursache im Hinblick auf weitere Gesundheitsschäden oder deren Aggravation, kann deshalb nicht ohne Weiteres durchdringen.
Eine für den Beweismaßstab des § 287 ZPO notwendige überwiegende Wahrscheinlichkeit einer überholenden Kausalität lässt sich damit jedenfalls nicht begründen.
Es scheint auch so, dass bei geschädigten Personen – also auch bei solchen, deren Beeinträchtigungen auf einem Schadenereignis wie Unfall oder Behandlungsfehler beruhen – zwar das Sterberisiko infolge einer Infektion mit Corona geringfügig höher ist als bei nicht Geschädigten. Es gibt aber bisher keine Hinweise, dass sich generell bei eine Infektion überlebenden, geschädigten Personen die Schäden verschlimmern, wenngleich das in Einzelfällen wohl möglich sein kann. Es kann aber durchaus sein, dass sich durch eine Corona-Infektion im Einzelfall schadensbedingte Beeinträchtigungen verstärken können, wobei dann die Regeln der Mitursächlichkeit anzuwenden sind.
Da es bei den Schadenersatzforderungen ausschließlich um durch ein Schadensereignis bereits geschädigte Personen geht, könnte seitens des Schädigers ein erhöhtes Versterbensrisiko aufgrund der Corona-Pandemie eingewendet werden, welches, wie ausgeführt, zum einen ohnehin nur gering ist, zum anderen sich auch bei vorgeschädigten Personen aufgrund eben dieser unfall- oder behandlungsfehlerbedingten Schädigung nochmals allenfalls geringfügig erhöht. Dabei bewegt sich dieses Risiko, wie oben dargestellt, bei etwas mehr als 1 % der insgesamt Infizierten, also auch unter Einbeziehung der nicht Geschädigten. Zudem setzt die Realisierung dieses Risikos voraus, dass sich der Geschädigte überhaupt infizieren würde. Für diesen, für ihn günstigen, Vortrag ist der Schädiger darlegungs- und beweisbelastet.
Für Abfindungsvergleiche ist somit bezüglich gesundheitlicher Beeinträchtigungen durch eine Infektion Folgendes zu beachten:
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Das Risiko, dass sich ein Geschädigter überhaupt infiziert, ist aufgrund der extrem niedrigen Zahl an Betroffenen mehr als unwahrscheinlich. |
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Da von den Infizierten wiederum nur ganz wenige Personen sterben, geht der Einwand eines Vorversterbensrisikos ins Leere, da eine für den Beweis erforderliche überwiegende Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 287 ZPO weit entfernt ist. Dasselbe gilt für Infizierte, die aufgrund der Infektion Dauerfolgen davontragen. Auch hier ist die Wahrscheinlichkeit verschwindend gering. |
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Hat sich der Betroffene vor oder im Zeitpunkt der Abfindung tatsächlich infiziert, lassen sich eventuelle Folgen konkret feststellen. Sind solche nicht erkennbar, können sie bei einer Abfindung auch nicht berücksichtigt werden. |