OWiG § 62; StPO § 305
Leitsatz
Der gesetzlich geregelte Anfechtungsausschluss in § 62 Abs. 2 S. 3 OWiG hat mit der Problematik eines Beschwerdeausschlusses nach § 305 S. 1 StPO von vornherein nichts zu tun; es handelt sich gerade nicht um eine Entscheidung des Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgeht, sondern um die Überprüfung einer Maßnahme der Verwaltungsbehörde durch das Gericht vor Begründung der gerichtlichen Zuständigkeit für die Sachentscheidung.
LG Neuruppin, Beschl. v. 27.1.2020 – 11 Qs 7/20
Sachverhalt
Die Zentrale Bußgeldstelle des Landes Brandenburg hat gegen den Betr. einen Bußgeldbescheid wegen einer Höchstgeschwindigkeitsüberschreitung im Straßenverkehr erlassen, gegen den er Einspruch eingelegt hat. Im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde hat der Betr. verlangt, ihm bzw. seinem Verteidiger verschiedene Unterlagen zu dem angewandten Messverfahren und der durchgeführten Messung zugänglich zu machen. Nachdem die Zentrale Bußgeldstelle dem nicht in dem vollen von ihm gewünschten Umfang nachgekommen war, hat er mit Verteidigerschriftsatz gerichtliche Entscheidung darüber beantragt. Das AG hat diesen Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Betr. mit Verteidigerschriftsatz Beschwerde eingelegt. Dieser hat das AG nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt. Das LG Neuruppin hat die Beschwerde des Betr. als unzulässig verworfen.
2 Aus den Gründen:
"… II. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschl. des AG v. 20.11.2019 ist unstatthaft und damit unzulässig.
Nach § 62 Abs. 1 S. 1 OWiG kann gegen Anordnungen, Verfügungen oder sonstige Maßnahmen der Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Für diese gerichtliche Entscheidung wiederum ist in § 62 Abs. 2 S. 3 OWiG angeordnet, dass die Entscheidung des Gerichts nicht anfechtbar ist, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Eine solche anderweitige Bestimmung existiert wegen der hier beanstandeten Maßnahme, nämlich der Unterlassung der Herausgabe bestimmter Unterlagen an den Betr. bzw. seinen Verteidiger, nicht, so dass die insoweit ergehende Entscheidung des Gerichts unanfechtbar ist, vgl. Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 62 Rn 31.
Das gleichwohl erhobene Rechtsmittel war demgemäß ohne Begründetheitsprüfung als unzulässig zu verwerfen.
Mit der vom Verteidiger in der Beschwerdeschrift angesprochenen Problematik eines Beschwerdeausschlusses nach § 305 S. 1 StPO hat dies von vornherein nichts zu tun; vorliegend handelt es sich gerade nicht um eine Entscheidung des Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgeht, sondern um die Überprüfung einer Maßnahme der Verwaltungsbehörde durch das Gericht vor Begründung der gerichtlichen Zuständigkeit für die Sachentscheidung. Insoweit ist umfassender Rechtsschutz schon dadurch gewährleistet, dass der Einspruch gegen die Bußgeldentscheidung der Verwaltungsbehörde – vorbehaltlich seiner Rücknahme – deren Rechtskraft dauerhaft verhindert und stattdessen das Gericht für die Sachentscheidung insgesamt zuständig wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.“
zfs 6/2020, S. 353