"… III. Die Verfahrensrüge, mit der der Betr. eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK) beanstandet, greift vorliegend durch und führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung."
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Nach Erlass des Bußgeldbescheids gegen den Betr. am 2.10.2019, dem Betr. am 9.10.2019 zugestellt, und Einspruch am 17.10.2019, bestellte sich die Verteidigerin und beantragte in Unkenntnis der Abgabe gem. § 69 Abs. 3 OWiG Akteneinsicht bei der Verwaltungsbehörde. Mit Schriftsatz v. 16.12.2019 beantragte die Verteidigerin gegenüber der Bußgeldbehörde ihr zusätzlich Folgendes zur Verfügung zu stellen:
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Digitale Falldaten mit unverschlüsselten Rohmessdaten der gesamten Messreihe |
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Statistikdatei und Public-Key des Messgerätes |
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die Wartungs-, Instandsetzungs- und Eichnachweise des Messgeräts seit der ersten Inbetriebnahme mit Gerätebegleitkarte sowie |
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Beschilderungsplan und verkehrsrechtliche Anordnung der Geschwindigkeitsmessung. |
Mit Schreiben v. 23.1.2020 überließ die Bußgeldbehörde der Verteidigerin daraufhin eine CD mit folgendem Inhalt: Schulungsnachweise Auswerter, einzelne Falldatei/Public Key, Bild mit Schlüsselsymbolen, entschlüsselte/konvertierte Bilder, Statistikdatei, Softwareversion (ESO-Viewer) sowie mit Schreiben v. 24.1.2020 einen Vermerk zur Beschilderung. Die fehlende Übersendung der weiteren angeforderten Unterlagen wurde nicht begründet.
Mit Schreiben vom 3.3.2020 beantragte die Verteidigerin gerichtliche Entscheidung dahingehend, die Verwaltungsbehörde anzuweisen, der Verteidigung die folgenden Unterlagen zur Verfügung zu stellen:
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Digitale Falldatensätze der gesamten Messreihe mit unverschlüsselten Rohmessdaten |
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Public Key des Messgerätes in digitaler Form |
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vorhandene Wartungs-, Instandsetzungs- und Eichnachweise zum verwendeten Messgerät (mit Lebensakte/Gerätebegleitkarte, falls vorhanden) |
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verkehrsrechtliche Anordnung der Geschwindigkeitsbeschränkung. |
Das AG wies den Antrag mit Beschl. v. 4.3.2020 mit der Begründung zurück, dass kein Anspruch darauf bestehe die Verwaltungsbehörde zur Übermittlung der erbetenen Unterlagen anzuweisen.
Mit Schreiben v. 12.3.2020 beantragte die Verteidigerin beim AG Einsicht in die amtliche Ermittlungsakte. Mit Schreiben v. 14.5.2020 erinnerte sie an das Akteneinsichtsgesuch und beantragte, den für den 25.5.2020 terminierten Hauptverhandlungstermin aufzuheben. Nach Aufhebung des anberaumten Hauptverhandlungstermins und Gewährung von Akteneinsicht beantragte die Verteidigerin gegenüber dem AG erneut, Folgendes zur Verfügung zu stellen:
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Digitale Falldatensätze der gesamten Messreihe mit unverschlüsselten Rohmessdaten |
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Public Key des Messgerätes in digitaler Form |
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vorhandene Wartungs-, Instandsetzungs- und Eichnachweise zum verwendeten Messgerät (mit Lebensakte/Gerätebegleitkarte, falls vorhanden) |
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verkehrsrechtliche Anordnung der Geschwindigkeitsbeschränkung. |
Nachdem das Gericht auf seinen Beschl. v. 4.3.2020 verwiesen hatte, legte die Verteidigerin gegen die Nichtüberlassung der weiteren beantragten Messunterlagen durch das AG Beschwerde ein und beantragte, der Verteidigung die oben genannten Daten und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Nach Nichtabhilfe durch das AG und Vorlage durch die StA hat das LG Frankenthal (Pfalz) mit Beschl. v. 17.6.2020 die Beschwerde der Verteidigerin zurückgewiesen.
In der Hauptverhandlung beantragte der mit Untervollmacht mandatierte Verteidiger des Betr. die Aussetzung des Verfahrens, die Zurverfügungstellung der digitalen Falldatensätze der gesamten Messreihe mit unverschlüsselten Rohmessdaten, des Public Key des Messgerätes in digitaler Form, der vorhandenen Wartungs-, Instandsetzungs- und Eichnachweise zum verwendeten Messgerät (mit Lebensakte/Gerätebegleitkarte, falls vorhanden) sowie der verkehrsrechtlichen Anordnung der Geschwindigkeitsbeschränkung. Überdies beantragte er über beide Anträge durch Gerichtsbeschluss zu entscheiden. Das AG hat den Beiziehungs- und Aussetzungsantrag abgelehnt, da über die Beiziehung der Unterlagen bereits entschieden, Akteneinsicht bereits ordnungsgemäß gewährt worden sei und demgemäß kein Aussetzungsgrund vorliege.
Auch nach der Urteilsverkündung bemühte sich die Verteidigung weiterhin gegenüber der Verwaltungsbehörde Einsicht in begehrten Daten und Unterlagen, die Falldatensätze der gesamten Messreihe, den Public Key in digitaler Form, vorhandene Wartungs-, Instandsetzungs- und Eichnachweise zum verwendeten Messgerät (mit Lebensakte/Gerätebegleitkarte, falls vorhanden) sowie die verkehrsrechtliche Anordnung der Geschwindigkeitsbeschränkung, zu erhalten. Die Bußgeldstelle reagierte auf dieses Schreiben nicht mehr.
Der Betr. rügt in seiner Rechtsbeschwerdebegründungsschrift unter anderem durch die Nichtüberlassung von nicht bei den Akten befindlichen amtlichen Messunterlagen in seinem Anspruch auf ein faires Verfahren verletzt und in seiner Verteidigung unzulässig beschränkt worden zu sein.
2. Die Rüge der Verletzung des...