VV RVG Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1, Nr. 3104; RVG § 33; §§ 3 ff., ZPO § 91a
Leitsatz
1. Für die Berechnung der Terminsgebühr ist grundsätzlich der Streitwert der Hauptsache maßgeblich, auch wenn der Kläger seine Klage nach Aufruf der Sache in der mündlichen Verhandlung ganz oder teilweise zurückgenommen hat.
2. Hat der Kläger hingegen seine Klage vor der mündlichen Verhandlung einseitig für teilweise in der Hauptsache erledigt erklärt, ist mit Eingang dieser Erledigung eine Streitwertänderung eingetreten.
3. In diesem Fall berechnet sich der Gegenstandswert nur noch nach der restlichen Hauptforderung sowie den auf den erledigten Teil entfallenden, bis dahin entstandenen Kosten. Dieser Kostenbetrag ist mit einer Differenzrechnung zu ermitteln, die ergibt, um welchen Betrag bis zur teilweisen Erledigung diejenigen Kosten überschritten worden sind, die angefallen wären, wenn der Kläger den Rechtsstreit von Anfang an nur über den nicht für erledigt erklärten Teil der Hauptsache geführt hätte.
(Leitsätze der Schriftleitung)
OLG Brandenburg, Beschl. v. 4.2.2021 – 12 W 2/21
Sachverhalt
Der Kl. hatte die Bekl. mit seiner am 26.3.2019 beim LG Frankfurt (Oder) eingegangenen und den Bekl. am 24.4.2019 zugestellten Klage auf Schadensersatz i.H.v. 9.757,48 EUR, Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden und Freistellung von außergerichtlichen Kosten seiner Prozessbevollmächtigten in Anspruch genommen. Unter dem 9.4.2019 hatte die Bekl. zu 2 einen Betrag i.H.v. 11.015,82 EUR an den Kl. gezahlt. Einer vom Kl. mit Schriftsatz vom 23.5.2019 erklärten einseitigen teilweisen Erledigungserklärung stimmten die Bekl. nicht zu. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30.9.2019 beantragte der Kl., die Bekl. gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 1.689,07 EUR nebst Zinsen zu verurteilen. Im Übrigen nahm er die Klage zurück.
Mit seinem am 24.2.2020 verkündeten Urteil hat das LG Frankfurt (Oder) den Streitwert wie folgt festgesetzt:
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bis zum 12.6.2019 auf 11.047,94 EUR, |
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für die Zeit vom 13.6. bis zum 29.9.2019 auf 11.446,55 EUR und |
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für die Zeit seit dem 30.9.2019 auf 1.689,07 EUR. |
Auf die Streitwertbeschwerde der Prozessbevollmächtigten des Kl. hat das LG den Streitwert abändernd durch Beschl. v. 4.6.2020 auf insg. 11.446,55 EUR festgesetzt.
Am 11.6.2020 haben die Bekl. beantragt, den Streitwert (richtig: Gegenstandswert) für die Terminsgebühr gem. § 33 RVG auf 1.689,07 EUR festzusetzen. Zur Begründung haben sie ausgeführt, zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 30.9.2019 sei infolge der vor Rechtshängigkeit erfolgten Regulierung seitens der Beklagten nur noch ein Betrag i.H.v. 1.689,07 EUR streitig gewesen.
Durch Beschl. v. 6.11.2020 hat das LG Frankfurt (Oder) den Gegenstandswert der Terminsgebühr auf 11.446,55 EUR festgesetzt. Dies hat das LG damit begründet, bei einer teilweisen Klagerücknahme im Termin zur mündlichen Verhandlung entstehe die Terminsgebühr aus dem ursprünglichen Streitwert, auch wenn die teilweise Klagerücknahme vorher angekündigt worden sei.
Mit ihrer hiergegen eingelegten Beschwerde haben die Bekl. weiterhin begehrt, den Gegenstandswert für die Terminsgebühr auf 1.689,07 EUR festzusetzen. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem OLG Brandenburg zur Entscheidung vorgelegt. Das OLG hat den Gegenstandswert für die Terminsgebühr auf 3.789,82 EUR festgesetzt und die weitergehende Beschwerde der Bekl. zurückgewiesen.
2 Aus den Gründen:
"… II."
Die Beschwerde der Bekl. ist gem. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Senat legt die Beschwerdeschrift dahingehend aus, dass die Beschwerde im Namen der Bekl. eingelegt worden ist, da die Prozessbevollmächtigten der Bekl. durch eine zu hohe Wertfestsetzung nicht beschwert sind.
Die Beschwerde ist teilweise begründet. Der Gegenstandswert für die Terminsgebühr für die Vertretung in der mündlichen Verhandlung v. 30.9.2019 ist gem. § 33 Abs. 1 RVG auf 3.789,82 EUR festzusetzen.
Gem. Abs. 3 der Vorbem. 3 zu Teil 3 des VV RVG entsteht die Terminsgebühr mit der Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins. Hierfür genügt nach allgemeiner Ansicht die Terminswahrnehmung durch den Rechtsanwalt, der in dem Termin lediglich vertretungsbereit anwesend sein muss, ohne dass es darauf ankommt, ob tatsächlich Anträge gestellt werden oder eine Erörterung stattfindet (vgl. BGH RVGreport 2010, 427 (Hansens) = AGS 2010, 561 = NJW 2011, 529 m.w.N.). Für die Höhe der Terminsgebühr ist somit grds. der Streitwert der Hauptsache maßgeblich, auch wenn die Klage nach Aufruf der Sache in der mündlichen Verhandlung teilweise zurückgenommen wird (vgl. OLG Frankfurt RVGreport 2020, 225 (Hansens) = AGS 2020, 504). Die von den Bekl. in der Beschwerdeschrift zitierten Entscheidungen des OLG München (AGS 2021, 39 (Hansens)) und des OLG Koblenz (AGS 2019,286 m. Anm. N. Schneider) sind insoweit nicht einschlägig, da in den dortigen Fällen die Klage bereits vor Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden war.
Im Streitfall hat das LG jedoch nicht berücksi...