Eine vorsätzliche Begehung muss dem Betroffenen regelmäßig nachgewiesen werden. Fehlt die Angabe der Schuldform, ist grundsätzlich von Fahrlässigkeit auszugehen. Da der Bußgeldkatalog im Bereich von Geschwindigkeitsverstößen zunächst von einer fahrlässigen Begehung ausgeht, führt eine vorsätzliche Begehung grundsätzlich zu einer Erhöhung der Geldbuße (§ 3 Abs. 4a BKatV: "ist der dort genannte Regelsatz zu verdoppeln"). Auch ein Absehen von einem Fahrverbot als mögliche Nebenfolge ist dann kaum möglich.
Vorsatz liegt vor, wenn der Täter die Tatbestandsmerkmale kennt oder, soweit diese noch nicht vorliegen, deren künftigen Eintritt voraussieht und die Tatbestandsverwirklichung will. Der Vorsatz umfasst somit das Wissen und das Wollen der Tatbestandsmerkmale. Die für das Strafrecht entwickelten drei Vorsatzformen Absicht, direkter Vorsatz und bedingter Vorsatz gelten grundsätzlich auch im Ordnungswidrigkeitenrecht. Das heißt für die Geschwindigkeitsordnungswidrigkeit, dass es für eine vorsätzliche Begehung nicht genügt, wenn der Betroffene weiß, dass er schnell fährt, er muss auch wissen, dass er zu schnell fährt, wobei er nicht wissen muss, wieviel genau er zu schnell fährt.
Eine hinreichende Vorstellung über die erlaubte und zugleich über die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit wird er im Regelfall jeweils durch Wahrnehmung erlangen. Die Annahme von Vorsatz muss deshalb zunächst daran anknüpfen, was der Betroffene hat wahrnehmen müssen. Was der Betroffene hätte wahrnehmen können, genügt dagegen nicht. Selbst überdurchschnittliche Unkonzentriertheit begründet noch keinen Vorsatz, könnte aber als grob fahrlässig gewertet werden.
Nicht nur für den Vorwurf im Bußgeldbescheid sondern auch für das Urteil gilt: Die Feststellung, ob eine Tat vorsätzlich begangen wurde, gehört zum unverzichtbaren Inhalt eines jeden Urteils und bedarf näherer Darlegungen.
Ist der Bußgeldbescheid noch von einer fahrlässigen Begehung ausgegangen, aber das Gericht geht nun von der Möglichkeit einer vorsätzlichen Begehung aus, muss es vor einer Verurteilung einen entsprechenden Hinweis erteilen, der sich aus dem Protokoll ergeben muss. Manche Gerichte weisen mittlerweile formularhaft, teilweise auch nur am Schluss der Ladung zur Hauptverhandlung, auf die Möglichkeit einer vorsätzlichen Verurteilung hin. Zum Beispiel formuliert ein norddeutsches Amtsgericht bei allen Fällen, die es für in Betracht kommend hält, noch vor der Hauptverhandlung schriftlich:
"Das Gericht weist gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 265 Abs. 1 StPO darauf hin, dass im vorliegenden Bußgeldverfahren bei vorläufiger Würdigung aller Umstände auch eine Verurteilung wegen einer vorsätzlich begangenen Ordnungswidrigkeit in Betracht kommt, weil nach der derzeitigen Aktenlage auf der konkreten Fahrtstrecke wiederholte Hinweise auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit aufgestellt waren (z.B. durch Geschwindigkeitstrichter oder wiederholt aufgestellte Verkehrszeichen mit derselben Geschwindigkeitsbegrenzung) die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerorts um mindestens 40 % überschritten war."
Es gehört zwar zu einem guten Ton, dass das Gericht, auch wenn es bereits einen schriftlichen Vorsatzhinweis erteilt hat, diesen ggf. in der Verhandlung wiederholt, rechtlich zwingend ist dies jedoch nicht.
Das Problem des Vorsatzhinweises, insbesondere bei den Gerichten, bei denen fast schon regelmäßig der Vorsatzhinweis ergeht, ist, dass ängstliche Betroffene von einer vollständigen Überprüfung des Bußgeldbescheides abgeschreckt werden könnten. Es liegt aber im rechtsstaatlichen Interesse, regelmäßig einen gewissen Anteil der Bußgeldverfahren laufend gerichtlich zu überprüfen. Deshalb bedarf es einer kritischen Wertung der forensischen Praxis für den Vorsatzvorwurf im Bußgeldverfahren.