Auch der rechtsschutzversicherte Betroffene könnte durch den Vorsatzvorwurf in seiner Verteidigungsbereitschaft beeinflusst werden, wenn er in Erinnerung hat, dass eine Vorsatzverurteilung eine Deckung seines Verfahrens ausschließen könnte. Anders als gelegentlich noch fälschlich angenommen wird, führt ein Vorsatzvorwurf nicht zwingend zu einem Deckungsausschluss in der Verkehrsrechtsschutzversicherung. Zumindest nach den meisten derzeit geltenden Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen sind die Rechtsschutzversicherer grundsätzlich erstmal verpflichtet, die Deckungszusage zu erteilen. Allerdings muss der Verteidiger seinen Mandanten darauf hingewiesen, dass ein rechtskräftig gewordener Vorsatzvorwurf bei manchen Rechtsschutzversicherungsverträgen den Rechtsschutzversicherer zur Rückforderung seiner Leistungen berechtigen könnte. Gem. § 2j ARB 2010 war der Rechtsschutzversicherer zu einer entsprechenden Rückforderung berechtigt. 2.2.10 ARB 2012 differenzierte den Verkehrsrechtschutz bei Verkehrsordnungswidrigkeiten dagegen nicht mehr nach den Schuldformen fahrlässig oder vorsätzlich. Da seit der Liberalisierung des Versicherungsrechts nicht mehr zwingend von jedem RechtsschutzVR die Muster-ARB zugrunde gelegt werden müssen, sollten die konkreten Deckungsbedingungen des Mandanten vorsichtshalber abgeklärt werden.
Liegt dem Bußgeldbescheid bereits eine vorsätzliche Begehung zugrunde, wird diese Schuldform durch die Einspruchsbeschränkung bestandskräftig und der Rechtsschutzversicherer könnte gegebenenfalls seine Leistungen von seinem Versicherten zurückfordern. In diesen Fällen könnte es den Interessen des Betroffenen eher entsprechen "aufs Ganze" zu gehen und mit der Messung auch die Grundlage des Bußgeldbescheides anzugreifen.
Ein umgekehrter Fall, in dem zunächst im Bußgeldbescheid von einer fahrlässigen Begehung ausgegangen wurde, entwickelte sich wie folgt:
Fall 1: Für eine Überschreitung von 45 km/h über den zulässigen 100 km/h auf einer BAB, mit zuvor einmal wiederholter 100 km/h Beschilderung, einer darauf folgenden 80 km/h Beschilderung und einer Unterführung, erhielt der Betroffene einen Bußgeldbescheid, der von einer fahrlässiger Begehung ausging und 160 EUR Bußgeld nebst 1 Monat FV festsetzte. Das Gericht erteilte wegen der Trichterung, der Unterführung und der Großstadtnähe einen Vorsatzhinweis. Die Verteidigung beschränkt daraufhin den Einspruch auf die Rechtsfolge und legt Härtefallumstände zur Fahrverbotsvermeidung für den Betroffenen ein, der keine Voreintragungen hat. Das Gericht verurteilte daraufhin zu einem Bußgeld von 400 EUR Bußgeld ohne Fahrverbot bei fahrlässiger Begehung.
Die Annahme von Vorsatz nach Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolge bei einem Fahrlässigkeitsvorwurf ist dabei sehr umstritten, wie weiter unten noch ausgeführt werden soll.